236 Ergebnisse. 1855
allseitigen Beifall, als er einige Wochen später auseinander-
setzte, man dürfe von einem Bunde souveräner Staaten, wie
dem deutschen, nicht mehr verlangen, als er eben leisten
könne, und in keinem Falle stehe die Beurtheilung dieser
Verfassungsform mit der orientalischen Frage in irgend einem
Zusammenhang.
Während man durch so viele Tintenergüsse die deutsche
Sache nicht einen Schritt vorwärts brachte, hatten endlich
colossale Blutströme im Orient die europäische Krisis zur
Entscheidung geführt. Als nach einem zwölfmonatlichen
Riesenkampfe am 23. September 1855 Sebastopol endlich
gefallen, und damit der Waffenruhm der Westmächte befriedigt
war, als darauf am 15. November Napoleon am Schlusse
einer Pariser Weltausstellung der friedlichen Gesinnung
Frankreichs feierlichen Ausdruck gab, beschloß das Wiener
Cabinet einen neuen Vermittlungsversuch, und sondirte zuerst
die Westmächte über die von ihnen aufzustellenden Bedin-
gungen. Das Ergebniß war eine österreichische Depesche
vom 16. December nach Petersburg, mit einer nähern Er-
läuterung der vier Punkte, unter der geschärften Forderung
der vollständigen Neutralisation des schwarzen Meeres, und
einer kleinen Gebietsabtretung in Bessarabien, wodurch die
Donaumündungen der russischen Hoheit ganz entzogen wurden.
Gleichzeitig hatte sich auch Kaiser Alegander, nachdem die
Ehre der russischen Fahnen durch bedeutende Siege in Klein-
asien gedeckt worden, zu größerer Nachgiebigkeit als im April
entschlossen, und seinerseits am 23. December ein Anerbieten
nach Wien gesandt, welches nur unerhebliche Abweichungen
von dem österreichischen Vorschlag enthielt. Graf Buol aber,
jetzt wieder ganz um die Gunst der Westmächte bemüht, er-