Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

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werden müsse, daß die Feinde keinen annehmbaren Frieden bewilligen würden, wenn das 
große Opfer nicht gebracht würde. Wenn dann Seine Majestät Verzicht leistet auf die 
Kaiserwürde, so würde er nur im Geiste seines 26jährigen Friedenswerkes handeln und 
dieses krönen. Seine Gestalt würde als die des hochherzigsten, edelsten und aufopfernd- 
sten Wohltäters des deutschen Volkes in der Geschichte weiterleben. 
Graf Lerchenfeld erhält entsprechende Instruktion. 
· Treutler. 
Nr. 78. 
Telegramm. 
Bern, den 25. Oktober 1918. 
Der Kais. Gesandte an Auswärtiges Amt. 
Geheim! 
Um Ubermittelung nachstehenden Telegramms bittet mich Fürst Hohenlohe- 
Langenburg: 
"Prinz Max von Baden, persönlich! 
Berlin. 
Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich eben, daß der Schluß der 
heutigen Wilson-Note, als einziger Weg zu einem einigermaßen erträg- 
lichen Frieden, kaum anderes als über die Abdankung des Kaisers führe. 
Es scheint, daß Wilson anerkennt, die monarchische Staatsform entspreche 
der Geschichte und den Lebensnotwendigkeiten des deutschen Volkes, die 
Vorstellungen aber, die in Amerika selbst und in der ganzen Entente über 
die Person des Kaisers, die Rolle, welche er im Kriege spielt und seinen 
Einfluß auf die Leitung der inneren und äußeren Politik herrschen, vermag 
er nicht mehr zu beseitigen. Nach der Meinung meines Gewährsmannes 
würde eine solche Tat des Kaisers es Wilson leichter machen, zugunsten 
seiner Friedenspläne auf den Senat einzuwirken, der in der letzten Zeit 
Einfluß im Sinne einer gänzlichen Niederwerfung Deutschlands gewinnt. 
Gleichzeitig würde durch sie die Friedensströmung auch in den übrigen 
Ententestaaten gestärkt werden. Dies würde die Erhaltung der Dynastie 
sichern, die gleich allen deutschen Dynastien gefährdet sein würde, wenn 
— wofür die Entente zweifellos sorgen würde — der Glaube erweckt 
werden könnte, daß der Frieden an der Person des Kaisers gescheitert sei. 
Meinem Gewährsmann zufolge ist übrigens die Schwäche unserer 
militärischen Lage den Amerikanern zu bekannt, um bei ihnen, selbst im 
Falle eines Aufrufs zur nationalen Verteidigung über den endgültigen 
Sieg der Entente Jweifel aufkommen zu lassen. Unser Zusammenbruch 
sei nur eine Frage der Jeit. Sollte versucht werden, den Endkampf 
hinauszuziehen, so würde das nur als ein neuer Beweis des Vorwiegens 
militärischer Einflüsse betrachtet werden und den Verdacht nähren, daß 
man sich auf unsere ganze innerpolitische Wandlung nicht verlassen könne.
	        
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