Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

gegen die neutrale Vermittlung und zugunsten seines Programms mit dem Hinzufügen, 
daß die Würfel bereits gefallen seien. Verantwortung dafür über- 
nehme er allein voll und ganz. Er werde alles tun, um etwaige Iweifel an Bundestreue 
zu zerstreuen. Wiederholt seine Bitte um rasche deutsche Zustimmung. Er lege aller- 
größten Wert darauf, auch nur den Schein einer Divergenz zu vermeiden. 
General von Cramon erbittet eine weitere Audienz bei Kaiser Karl. 
Kaiser Karl bleibt auf seinem Standpunkt, wenn man in Deutschland zu der 
Ansicht käme, als gedächte Osterreich-Ungarn nicht länger an der Seite Deutschlands 
auszuhalten, so sei der Iweifel an seiner Bundestreue nachgerade beleidigend für ihn. 
Er sei bundestreu gewesen und werde es bleiben. Er hoffe dringend, daß Deutschlands 
Antwort so ausfallen würde, daß sie verbündeten Mächten nicht zum Schaden gereichen 
könne. Er habe in loyalster Weise Kaiser Wilhelm von seiner Absicht benachrichtigt und 
sei fest davon überzeugt, daß die am 14. abgehende Note bei allen kriegführenden Mächten 
cinen günstigen Eindruck hervorrufen würde. 
Seine Majestät erhält ein Telegramm vom Kaiser Karl, worin dieser unter 
Ablehnung der neutralen Vermittlung an der öster- 
reichischerseits in Aussicht genommenen Form festhält und um rasche Justimmung 
Seiner Majestät bittet. Der österreichisch ungarische Militärbevollmächtigte tele- 
graphiert zurück an Kaiser Karl, daß Seine Majestät ihn bitten ließe, mit beabsichtigtem 
Schritt jedenfalls so lange zu warten, bis die Allerhöchste Antwort eintreffe. Dies 
könne keinesfalls bis 14. vormittags erfolgen, da Seine Majestät zunächst mit Reichs- 
kanzler sich in Verbindung setzen müsse. 
14. September. Seine Majestät der Kaiser schickt ein Telegramm an 
Kaiser Karl, worin Bedauern ausgedrückt wird, daß dieser ungeachtet der deutschen 
Stellungnahme seinen Schritt zur Ausführung bringe. Das Bundesverhältnis bedinge, 
daß Deutschland und Osterreich-Ungarn in Fragen von so weitgehender Bedeutung nur 
in voller Ubereinstimmung vorgehen, andernfalls verliert das Bündnis Inhalt und 
jede Bedeutung. Unter Hinweis auf die Gefahren des österreichisch-ungarischen Schrittes 
und unter nochmaliger Anführung der Vorteile der neutralen Vermittlung gibt sich 
Seine Majestät der bestimmten Hoffnung hin, daß Kaiser Karl in letzter Stunde sich 
des Ernstes der Lage bewußt werde und seine Regierung anweisen wird, auf die geplante 
Demarche zu verzichten. 
Graf Wedel meldet am Nachmittag, daß Antworttelegramm Kaiser Wilhelms 
nachmittags im Ministerium des Außern noch nicht bekannt war, daß Angelegenheit be- 
reits so weit gediehen sei, daß sie keinesfalls mehr rückgängig gemacht werden könne. 
Telephonisch trifft aus Wien nachmittags die Mitteilung ein, daß die Vertreter 
der Presse bereits zur Empfangnahme von Instruktionen in der Friedensangelegenheit im 
Ministerium des Außern sich versammelten. 
Abends wurden die deutschen Presse= und Darteiführer vom Staatssekretär 
persönlich vom österreich-ungarischen Schritte in Kenntnis gesetzt. 
Etwas später trifft der Wortlaut der österreich ungarischen Note durch die 
Telegraphenbureaus hier ein. 
— — — —— — —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.