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gerade wegen der akuten Gefährdung der militärischen Lage
sofort hinausgehen zu lassen. Am 1. Oktober kommen eine ganze Reihe bon Tele-
grammen und Telephongesprächen aus dem Großen Hauptquartier mit dem gleichen
Inhalt nach Berlin. „Heute halte die Truppe, was morgen ge-
schehen könne) sei nicht vorauszusehene (Nr. 21). Man solle
das Friedensangebot sofort hinausgehen lassen und damit nicht
erst bis zur Bildung der neuen Regierung warten die sich
verzögern könne. Heute hielte die Truppe noch und wir seien in einer würdigen Lage,
es könne aberjeden Augenblick ein Durchbruch erfolgen und dann
käme unser Angebot im allerungünstigsten Moment= (Nr. 23). Und spät abends:
* General Ludendorff erklärte mir, daß unser Angebot von Bern aus sofort nach
Washington weiter gehen müsse. 48 Stunden könne die Armee nicht
noch warten .. Der General betonte, daß alles darauf ankäme,
daß das Angebot spätestens Mittwoch nacht oder Donners-
tag früh in den Händen der Entente sei und bittet Euer Exzellenz,
alle Hebel dafür in Bewegung zu setzen (Nr. 27). Am selben Nachmittag läßt Hinden-
burg dem Vizekanzler von Payer mitteilen (Nr. 22) vgl. Bericht v. Payers in Nr. 42)
wenn bis heute abend 7 bis 8 Uhr Sicherheit vorhanden sei, daß Prinz Max die Re-
gierung bilde, könne bis zum nächsten Morgen gewartet werden;
sollte dagegen die Bildung der Regierung irgendwie zweifelhaft sein, so halte er die Aus-
gabe der Erklärung heute nacht sür geboten. In einem Vortrag, den der Ver-
treter der Obersten Heeresleitung am 2. Oktober vormittags vor den Parteiführern des
Reichstages hält, kommt auch in diesem größeren Kreise die drängende Lage scharf zum
Ausdruck (Nr. 28).
Pinz Max von Baden sträubt sich aufs heftigsie gegen die gewünschte Friedens.
aktion, weil sie in dieser Form und in diesem Augenvlick einer militärischen Lwangslage
die deutsche Situation für die Friedensverhandlungen offenbar sehr ungünstig gestalten
würde Er berichtet hierüber am 11. Oktober (Nr. 42):
ü„Am Abend des 1. Oktober sei ihm der Reichskanzlerposten angeboten
worden mit dem gleichzeitigen Verlangen, sofort die Friedensvermittelung
Wilsons nachzusuchen; er habe sich dagegen gesträubt und mindestens acht
Tage warten wollen, um die neue Regierung zu konsolidieren und nicht
den Eindruck hervorzurufen, als handelten wir bei unserer Bitte um
Friedensvermittelung unter dem Drucke eines militärischen Jusammen=
bruchs.=
Am 2. Oktober bittet General Ludendorff um den Entwurf der Note (Nr. 29)
und läßt nachmittags selbst eine Fassung telephonieren, die im wesentlichen mit dem
späteren Wortlaut übereinstimmt (Nr. 30). "
Der Prinz hält seine Bedenken aufrecht. Noch am 3. Oktober stellt er schriftlich
eine Reihe von Vorfragen, darunter die Frage (Nr. 32):
Ist die Oberste Heeresleitung sich bewußt,
daß die Einleitung einer Friedensaktion unter
dem Druck der militärischen JZwangslage zum
Verlust deutscher Kolonien und deutschen Ge-
biets, namentlich Elsaß---Lothringens und rein
polnischer Kreise der östlichen Provinzen führen
kann:= (Nr. 32, Liffer 4).