Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

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von Payer meint, man solle diese Frage nicht in Gegenwart Ludendorffs er. 
örtern, sondern zunächst das Ergebnis seiner Ausführungen abwarten. Vielleicht würden 
diese Ausführungen befriedigen, vielleicht werde man noch andere hören müssen. 
Graf Roedern fragt, ob Seine Majestät die Heerführer herkommen lassen wolle. 
Der Reichskanzler erklärt, das sei nicht möglich, man würde dadurch die mili- 
tärische Lage gefährden. 
Scheidemann findet den Wunsch, andere Heerführer zu hören, sehr begreiflich; 
er müsse aber in einer Form erfüllt werden, die Hindenburg und Ludendorff jeden Anlaß 
nehme, die angegebenen Konsequenzen zu ziehen. Es müsse doch den beiden Feldherren 
selbst recht sein, wenn man noch andere zuziehe und ihnen dadurch die ungeheure Ver- 
antwortung zum Teil abnehme. 
Der Reichskanzler erwidert, das habe er General Ludendorff alles vorgestellt, 
Ludendorff habe aber geantwortet, das sei ein Mißtrauensvotum. Das habe er be- 
stritten und betont, es sei nicht nur der Wunsch Seiner Majestät, sondern auch der allge- 
meine Wunsch der Bevölkerung und eigentlich so selbstverständlich, daß niemand begreifen 
würde, wenn die Feldherren deshalb zurückträten. 
Friedberg bestätigt, daß das Publikum nicht begreifen würde, wenn hier das 
Schicksal Deutschlands auf den richtigen Blick von zwei Augen gestellt würde. Auch 
früher sei doch in entscheidenden Jeiten ein Kriegsrat zusammengerufen worden. Wenn 
man bedenke, daß es gerade ein Kriegsrat war, der die Absetzung Falkenhayns und die 
Berufung Hindenburgs beschloß, könne doch jetzt die Abhaltung eines Kriegsrats für die 
beiden Feldherren kein Grund zur Abdankung sein. 
Der Reichskanzler wiederholt, daß er alles dies schon Ludendorff gesagt habe; 
es habe nichts genützt. Es frage sich also nur, ob man den Abschied der beiden ver- 
antworten könne. 
Haußmann meint, das würde namentlich wegen Hindenburg geradezu 
tatastrophal wirken. Gerade die Leute, die jetzt den beiden Feldherren das Vertrauen zu 
versagen schienen, würden nach ihrem Abgang es der jetzigen Regierung zum Vorwurf 
machen, in dieser Kriegslage Deutschland um die beiden anerkannten Feldherrn 
gebracht zu haben. 
Groeber erklärt, der Abgeordnete Stresemann habe ihm vor kurzem mitgeteilt, 
seine ganze Fraktion, er glaube einstimmig, hege den Wunsch, daß noch andere Heer- 
führer gehört würden. 
Der Reichskanzler fragt den Staatssekretär Scheidemann, was er von der 
Wirkung auf die breiteren Volksmassen halte. 
Scheidemann erklärt, das lasse sich schwer beurteilen. In Arbeiterkreisen sei 
das Vertrauen auf Ludendorff nicht erst jetzt erschüttert worden, sondern es fehle schon 
seit Jahr und Tagj nicht sowohl militärisch als vielmehr politisch, da habe er einen 
ganz schlechten Ruf. 
von Paher schlägt vor, eine Form zu suchen, die nicht verletzend wirke; vielleicht 
berufe Hindenburg selbst einen Kriegsrat zusammen, dessen Beschlüsse der Regierung 
mitgeteilt würden, damit sie ihre Entscheidung danach treffe. Junächst solle aber einmal 
in die sachliche Erörterung eingetreten werden. Sage Ludendorff, die Lage sei verzweifelt, 
wir können die Front nicht mehr halten, so müsse man noch andere hören. 
Der Reichskanzler: Das tue Ludendorff nicht.
	        
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