— 68 —
amerikanischen Chauvinisten und durch den Druck Frankreichs und Englands in eine
schwierige Lage geraten und, wie ich hoffe, hofft er selbst, daß wir ihm die Möglichkeit
geben, mit uns weiter zu verhandeln und den Widerstand der Kriegstreiber zu überwinden.
So stelle ich mir die Lage vor. Es würde nun, ehe wir die Note an Wilson ab-
gehen lassen, klarzustellen sein, was die militärische Lage Deutschlands fordert. Zu diesem
Zweck haben wir Euere Exzellenz gebeten, herzukommen und uns Auskunft zu geben. Wir
haben Euere Exzellenz eine Anzahl formulierter Fragen vorgelegt, über die wir erwarten,
Auskunft zu erhalten. Euere Exzellenz haben andere Fragen an uns gestellt, die wir im
Laufe der Erörterung beantworten werden.
Die erste Frage ist die, ob dadurch, daß die Divisionen vom Osten herüber-
gezogen werden, die Front im Westen so gestärkt werden kann, daß man auf ein längeres
Durchhalten rechnen darf. « «
Die zweite Frage geht dahin, ob durch stärkere Zuführung von Truppenmaterial
aus der Heimat erreicht werden kann, daß die Armee eine Kräftigung zum weiteren Durch-
halten erfährt.
General Ludendorff: Es wurden schon früher eine Reihe von Fragen an mich
gestellt, die präzise zu beantworten ganz ausgeschlossen ist. Der Krieg ist kein Rechen-
cxcmpel. Es gibt im Krieg eine Menge Wahrscheinlichkeiten und Unwahrscheinlichkeiten.
Was schließlich eintrifft, weiß kein Mensch. Als wir im August 1914 nach Ostpreußen
kamen und mit Hilfe meines treuen Mitarbeiters Hoffmann die Befehle zur Schlacht von
Tannenberg ausgegeben wurden, da wußte man auch nicht, wie es gehen würde, ob
Rennenkampf marschieren würde, oder nicht. Er ist nicht marschiert und die Schlacht
wurde gewonnen. Es gehört zum Krieg Soldatenglück, vielleicht bekommt Deutschland
doch auch wieder einmal Soldatenglück.
Ich kann Ihnen nur meine Uberzeugung sagen. Die Verantwortung dafür, was
ich sage, trage ich und habe sie getragen vier lange, schwere Jahre.
Wenn man mich fragt, ob die Ostdivisionen einen Umschwung herbeiführen werden,
so frage ich dagegen, was können wir aus dem Osten wegführen. Ich habe darüber
mit Hoffmann gesprochen. Wir haben jetzt drei Divisionen locker gemacht durch
Räumung Weißrußlands; aber das geht nur langsam. Wir haben in dem Gebiet noch
große Haferbestände. Hafer wird uns im nächsten Jahr besonders fehlen; das ist zu
bedenken.
Also drei Divisionen kommen. Einen Umschwung kann man mit drei Divisionen
nicht herbeiführen; aber der Soldat muß alles zusammenziehen, was er kriegen kann.
Früher konnten wir das nicht, weil wir die weitere Grenze gegen die Bolschewiken
schützen mußten, bis wir das Geld bekamen. Wieviel haben wir denn jetzt im Osten!?
Oberst Heye: Noch 24 Divisionen. Oberost hat davon noch 7.
General Hoffmann: 7 hat Oberost, 5 stehen in der Ukraine, 12 in Rumänien.
General Ludendorff: Dazu kommt die Frage, können wir die Ukraine aufgeben,
oder nicht? Die Oberste Heeresleitung ist im Einverständnis mit der Reichsleitung in die
Ukraine einmarschiert, weil wir das Land für die Ergänzung unserer Wirtschaft brauchten,
und weil wir die Ostfront der Feinde sprengen mußten. Können wir auf die Ukraine-
wirtschaft verzichten, und können wir die Gefahr auf uns nehmen, daß die Ukraine
bolschewistisch wird, so können wir auch die Divisionen herausbolen.