Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

Oberst Heye: In welchem Zeitraum kann der zweite Plan mit den 600 000 
Mann durchgeführt werden? 
Kriegsminister Scheüch: Ich möchte nicht eine zu kurze Zeit angeben. Wir 
müssen ja aus der Industrie und Landwirtschaft schneller Menschen herausholen als 
wir anfangs glaubten. Schneller geht die Verwendung des Heimatheeres. Aus der 
preußischen Heimat werden zum Beispiel 75.000 Mann kommen. Dahin habe ich den 
Druck gerichtet; darin dürfen wir nicht zu ängstlich sein. Dazu kommen dann noch 
etwa 25 000 von den anderen Staaten. Junächst haben wir etwa 50 000 Unausge- 
bildete und 250 000 Ausgebildete; aber auch deren Verwendung zieht sich noch durch 
Wochen hin. Das wird auch der Obersten Heeresleitung recht sein. 
General Ludendorff: Lieber wäre es uns schon, sie kämen alle gleich. Deun 
was das Niederziebende für die Armee ist, die Stärken werden immer geringer und 
geringer. 
Kriegsminister Scheüch: Schwierigkeiten machen auch die heimatlichen Trans- 
portverhältnisse. Kürzlich standen bei einem Generalkommando 6 000 Mann bereit 
zum Abtransport an die Westfront. Sie konnten aber nicht geschickt werden, weil das 
rollende Material fehlte. Das kann sich wiederholen. 
General Ludendorff: Auch bei uns war durch die Räumung eine große Trans- 
portkrise ausgebrochen, die sich auf die Heimat fortpflanzte. Die ist aber jetzt behoben. 
Ich bin nur dankbar, wenn nach der Richtung in der Heimat das Menschenmögliche 
geschieht. · 
Ich komme noch auf einen anderen Punkt, der nicht auf dem Fragebogen steht: 
die Stimmung im Hecr. Er ist sehr wichtig. Exzellenz Scheüch hat neulich auf die 
41. Division bingewiesen und einen Befehl an sie angeführt. Ich habe leider zugeben 
müssen, daß der Befehl richtig war. Die Division hat am 8. August völlig versagt. 
Das war der schwarze Tag in Oeutschlands Geschichte. Jetzt schlägt sich dieselbe Divi- 
kon glänzend auf dem Ostufer der Maas. Das ist Stimmungssache. Die Stimmung 
war damals schlecht. Die Division hatte Grippe gehabt, es fehlten ihr Kartoffeln. 
Die Stimmung, die die Leute aus der Heimat mitbrachten, war auch nicht gut. Die 
Transporte kamen heraus, in einer Form, die der Jucht und Ordnung nicht mehr ent- 
sprach. Es kamen grobe Widersetzlichkeiten vor. Ich pflege mit den ankommenden Ofsfi= 
zierer und Truppen zu sprechen. Damals sagte mir ein Herr, ein solcher Transport, wie 
er ihn aus dem Bezirk des VII. Armeekorps der 13. Division geholt hätte, wäre ihm 
noch nicht vorgekommen. Er hätte nicht geglaubt, deutsche Soldaten, sondern russische 
Bolschewisten unter sich zu haben. « 
Diese Stimmung ist aus der Heimat ins Heer gekommen, und ich bin mir wohl 
bewußt, daß jetzt umgekehrt die Stimmung, die die Urlauber nach der Heimat bringen, 
recht schlecht ist. Ich habe mich sehr bemüht, sie zu heben, ich muß aber dringend bitten, 
nicht nur für Menschen, sondern auch für die Stimmung zu sorgen. 
Was halten sich zum Beispiel für Drückeberger in Maubeuge auf. Wir haben 
ja in unserer großen Armee mit Helden zu tun, und mit recht, recht schwachen Menschen. 
Auch auf die müssen wir uns einstellen. Auffrischung der Heimat. Ich richte die 
dringende Bitte an alle Stäbe, dafür zu sorgen, daß die Stimmung in der Heimat ge— 
hoben wird, und daß der Soldat in Belgien weiß, er verteidigt deutsche Erde. Von 
manchen Seiten, so aus der Armee Gallwitz, ist uns berichtet, daß diese Waffenstill— 
standsverhandlungen sehr böse Folgen haben. In Belgien sagen die Leute, was sollen 
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