Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

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Nr. 62. 
Berlin, den 18. Oktober 1918. 
An 
tit. Kriegsminister. 
Sehr verehrte Exzellenz! 
Ich habe mir die Frage, die wir gestern mündlich besprachen, noch durch den 
Kopf gehen lassen. Ich muß bei meiner Ansicht beharren: Die Armeeführer müssen 
gehört werden. Auch auf die Gefahr hin, daß Hindenburg und Ludendorff die Be- 
fragung der Armeeführer zum Anlaß nehmen wollten, ihren Abschied einzureichen. Be- 
stärkt werde ich in dieser Uberzeugung durch Andeutungen von absolut 
ein wandfreier Seite, wonach die gestern von General Lu- 
dendorff ausgesprochenen Hoffnungen auch in seiner Um- 
gebung nicht geteilt werden. Die Entscheidung ist zu gewaltig, kann zu 
verhängnisvoll sein, als daß sie auf 2 Männer gestellt werden könnte. Wir sind ver- 
pflichtet, alles, was in unserer Kraft steht, zu tun und nichts zu unterlassen, um das 
Richtige zu treffen. Hindenburg und Ludendorff können ihren Abschied in der jetzigen 
Lage nicht erzwingen, und wenn sie es dennoch tun sollten, kann dem von Ihnen und 
einigen meiner Kollegen befürchteten Eindruck entgegen getreten und der wahre Grund 
ihres Rücktritts leicht klar gestellt werden. 
Die Befragung der Armeeführer hätte natürlich nicht vor unserer jetzigen Note 
an Wilson, sondern nach ihrer Beantwortung durch Wilson zu erfolgen. 
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichen Hochachtung Euer Exzellenz sehr ergebener 
Staatssekretär. 
gez. Solf. 
Nr. 63. 
Telephonat vom 20. Ohtober 1918, 1 Uhr nachts. 
An den Herrn Reichskanzler. 
(Ubermittelt durch Oberst von Haeften.) 
„Die Lage hat sich nicht geändert. Die Türkei hat Sonderverhandlungen 
begonnen. Österreich-Ungarn wird bald folgen. Wir werden sehr bald in Europa 
allein dastehen. Die Westfront ist in größter Anspannung. Ein Durchbruch bleibt 
möglich, wenn ich ihn auch nicht befürchte. Durch Absetzen vom Feinde in Belgien 
und Zuführen des zugesagten Ersatzes könnte ein nachhaltiger Widerstand organisiert 
werden, der den Kampf an der Westfront in die Länge zieht und uns zwar nicht den 
ausgesprochenen Sieg beschert, wohl aber uns vor dem äußersten bewahrt. Aber selbst 
wenn wir geschlagen würden, stünden wir nicht wesentlich schlechter da, als wenn 
wir jetzt schon alles annähmen. 
Es ist die Frage zu stellen: Will das deutsche Volk um seine Ehre nicht nur 
in Worten, sondern tatsächlich bis zum letzten Mann kämpfen, und sich damit die Mög-
	        
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