20 Die Kolonien. V. Buch.
die Menschen unserer Deutschen Schutzgebiete unter Uberbringung höherer Kultur der
Deutschen Wirtschaft nutzbar zu machen, oder ob sie dieselben wieder aufgeben wolle“,
indem er betonte, daß der Eingeborene, besonders in unseren tropischen Kolonien, der
wichtigste Gegenstand der Kolonisation sei. Er führte aus, von welcher Wichtigkeit die
Schutzgebiete für unseren Handel und unsere Industrie, für unsere Rohstofferzeugung,
unseren Absatz, unsere Zahlungsbilanz werden könnten, und daß es sich daher bei der
Deutschen kolonialen Bewegung um die Lösung einer
nationalen Frage allerersten Ranges handele. Wie
kurz zuvor im Reichstage, so zündeten jetzt auch außerhalb desselben die Worte, die
vielfach nicht neu waren, aber doch niemals von autoritativer Stelle mit solchem
Nachdruck in das deutsche Volk hinausgerufen worden waren, gewaltig und bewirkten,
daß sich über Erwarten schnell ein großer Umschwung vollzog, und sich die Üüberzeugung
Bahn brach, daß unsere überseeischen Besitzungen große Schätze bergen, die es nur zu
beben gelte.
Wie die Wahlen, die eine große kolonialfreundliche Mehrheit ergaben, so standen
auch die Reichstagsverhandlungen 1906/7 wesentlich unter dem Zeichen von Südwest-
afrika. Die für die Sicherheit des Landes für notwendig erachtete, aber mit Nücksicht
auf die inzwischen erfolgte Beendigung der Unruhen in geringerer Höhe angeforderte
Schutztruppe wurde bewilligt, ebenso die neu ins Leben gerufene Landespolizei und der
Rest der Entschädigungsgelder. Der bereits erwähnte, vom Gouvernement aufgestellte
Besiedelungsplan und die in demselben angeforderten Mittel wurden genehmigt. Auch
den übrigen Kolonien widerfuhr volle Gerechtigkeit.
Koloniale Begeisterung.
Von einschneidender Bedeutung war die Los-
trennung der Kolonialverwaltung vom
Auswärtigen Amt, mit dem sie sowieso nur noch lose zusammenhing, und von
dem sie als unbequemes Anhängsel betrachtet wurde. Sie wurde zu einem selb-
ständigen Reichsamt mit einer allgemeinen Verwaltungsabteilung, einer Finanz-,
einer Personal- und einer mit dem Kommando der Schutztruppen identischen Militär--
abteilung erhoben. In das damalige Reichskolonialamt wurden eine Anzahl von Be-
amten berufen, die lange Fahre in den Kolonien tätig gewesen waren, so daß eine engere
Beziehung zwischen Zentral- und Lokalverwaltung herbeigeführt wurde, die früher zum
Schaden der Sache gefehlt hatte. So ausgerüstet, ging die Kolonialverwaltung sofort an
die Lösung einer Reihe für die gedeihliche Weiterentwickelung der Kolonien grundlegender
Fragen heran. Im Vordergrunde standen: die Reorganisation des Finanzwesens, die
spstematische Erschließung der Schutzgebiete durch Schienenwege, die gesteigerte Fürsorge
für die Eingeborenen und die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Kolonialbeamten.
Errichtung des Kolonialamts.
Durch die feste gesetzliche Regelung der letz-
teren ist die Gewinnung eines tüchtigen Nach-
wuchses für die mannigfachen und verant-
wortungsvollen Aufgaben der Schutzgebietsverwaltungen gesichert und dem früheren
Neuordnung der Beamten-
verhältnisse, des Finanzwesens.
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