VI. Buch. Die Nahrungsmittelindustrie. 189
bearbeitung unterzogen. Hoch haben sich ihrer Fertigstellung größere Schwierigkeiten
in den Weg gestellt, als ursprünglich erwartet wurde.
Diese Schwierigkeiten entspringen zum Teil
wohl dem Umstande, daß es sich hier um Fra-
gen handelt, die infolge der regen wissenschaft-
lichen Tätigkeit auf diesem Gebiet in einem schnellen Fluß begriffen sind. Zum Teil
sind diese Schwierigkeiten aber auch wohl dadurch bedingt, daß die Nahrungemittel-
industrie in manchen Fragen einen anderen Standpunkt als die Hogieniker und die
Nahrungemittelchemiker vertritt und ein Ausgleich hier bisher nicht immer geschaffen
werden konnte.
Zwar haben die „Vereinbarungen“" sehr bald nach ihrer Veröffentlichung, wenigstens
soweit die Untersuchungsverfahren in Betracht kommen, auch bei der Nahrungs-
mittelindustrie große Beachtung gefunden. War doch auch die Industrie immer mehr dazu
Übergegangen, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungen sich zunutze zu machen
und danach ihre Betriebe zweckentsprechender zu gestalten. A#cht ganz so verhält es sich
bei den Vereinbarungen, die binsichtlich der Beurteilung der einzelnen Nahrungs-
mittel in Betracht kommen. Verschiedene Gründe mögen dabei mitsprechen, wenn die
Ansichten der Bertreter der Nahrungesmittelkontrolle einerseits und die der Nahrungs-
mittelinduftrie andererseits nicht immer in allen Punkten übereinstimmen. Entsprechend
dem Umstande, daß das Nahrungemittelgesetz in erster Linie gesundheitliche Ziele
verfolgt, betonen auch die Nahrungemittelchemiker in der Mehrheit wohl bei der Beur-
teilung der Nahrungemittel die gesundheitlichen Gesichtspunkte. Auch die Nahrungs-
mittelindustrie hat hierauf selbstverständlich den größten Wert zu legen. Denn es schädigt
erfahrungsgemäß nichts einen Gewerbszweig mehr, als wenn durch seine Erzeugnisse
vielleicht schädliche Einflüsse in großem Umfange hervorgerufen werden. Aber die Nah-
rungemittelindustrie ist andererseits ganz naturgemäß auch auf die Berücksichtigung der
oft sehr schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse angewiesen. Bielfach auch glaubt die
Industrie Rücksichten nehmen zu müssen auf die Wünsche ihrer Abnehmer, und scheut
sich dethalb, von alten Gewohnheiten bei ihrer Fabrikation abzugehen; andererseits
ist die Industrie auch gerne bereit, Neuerungen in ihrem Betrieb oder in der Art
der Zubereitung der Nahrungsmittel anzunehmen, wenn dadurch wirtschaftliche Vorteile
errungen werden, ohne daß sogleich sich hieraus gesundheitliche Nachteile ergeben.
Die Fortschritte, die in dieser Hinsicht in bezug auf die maschinellen Einrichtungen
und in bezug auf die Verarbeitung namentlich großer Mengen natürlicher Koh-
stoffe zu Nahrungs- oder Genußmitteln gemacht worden sind, haben eine große Be-
deutung auch für die Volkswohlfahrt.
Nahrungemittelkontrolle und
Nahrunggmittelindustrie.
Frischerhaltung. Nicht in gleicher Weise liegen die Vorteile für die Gesundheit
der Bevölkerung immer auf der Hand, wenn es sich um neue
Zubereitungsweisen von Nahrungsmitteln handelt. Hier kommt vor allem die schwierige
Frage der Frischerhaltung der Nahrungsmittel in Betracht.
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