Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Die Gesamtentwickllung der deutschen Industrie. 229 
nach noch drei Fünftel der Roheisengewinnung Deutschlands hervorbrachte“. Die 
Tabelle ist interessant genug, um sie hier wiederzugeben: 
Menge in t Wert in Mark 
Steinkohlengewinnung im ODeutschen Reich im Jahre 1910 152 827 800 1 526 604 000 
Roheisenproduktion im Deutschen Reich im Jahre 1910 14 795 600 802 851 000 
Zuckererzeugung in 1909/10 im Deutschen Reiche 1 880 621 344 163 198 
Papier- und Pappenerzeugung i. J. 1910 im Deutschen Reich 1 790 785 472 568 821 
So reiht sich also die Papierindustrie an die großen Gewerbegruppen. Freilich ist 
sie nicht etwa die viertgrößte Deutschlands. Auch die chemische und die Textilindustrie 
(das räumt auch der Verbandsbericht ein) überragen sie. Aber während man von den 
schweren Industrien allgemein weiß, daß sie heute ungeheure Werte hervorbringen, 
ist dies von der Papierindustrie weniger bekannt. Auch den Verbrauch hat man (in einem 
allerdings etwas summarischen, aber kaum anders vorzunehmenden Verfahren) zu 
errechnen versucht mit dem Ergebnisse, daß „im Jahre 1910 jeder Einwohner Deutsch- 
lands mit Einrechnung der Frauen und Kinder 24,77 kg Papier und Pappe im Werte 
von 6,44 Mark verbraucht hat“. Damit reicht der Papierverbrauch (seiner Menge nach) 
fast an den Salzkonsum und übertrifft den von Rohzucker und Petroleum. Zm Zahre 
1900 zählte man (nach Franz Schaefer): 
  
476 Papierfabriken nit. 40 552 Arbeitern 
448 Pappfabriken nit:t: .... 7868 „ 
10 Lumpensortieranstalten ni:t 352 " 
25 Strohstoffabriken niit .. 1 103 „ 
520 Schleifereien mit..... . ... 7 452 2 
64 Zellstoffabriken niit: 10 198 „ 
zusammen 1583 Werke mit 67 525 Arbeitern 
Darunter befinden sich besonders für die Herstellung feiner Papiere zahlreiche 
Mittelbetriebe; in der Fabrikation geringerer Papiere sind die ganz großen Unterneh- 
mungen nicht selten. In Europa steht die deutsche Papierindustrie an erster Stelle, 
sie wird im Produktionsquantum nur von den Vereinigten Staaten von Nordamerika 
übertroffen. Dabei leidet das deutsche Gewerbe unter Rohstoffmangel, besonders an 
Lumpen. Über die Organisation des Industriezweiges sagt Schaefer, daß „in Deutsch- 
land noch ein wirres Durcheinander herrscht; wir haben alle Stadien der Entwicklung 
gegenwärtig noch vor uns“ (S. 224). Die Bedingungen sind anderer Art für die zellstoff- 
verarbeitende Papierindustrie als für die „nach alter Methode arbeitende Hadernpapier-- 
fabriken“". Fene haben sich im allgemeinen leichter zu Syndikaten zusammengeschlossen 
als diese. 
Eine Industrie, deren große Fortschritte besonders eng 
mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung Deutsch- 
1) „Der Verbrauch wurde ermittelt, indem die Ziffern der Papier- und Pappeneinfuhr der deutschen 
Erzeugung zugeschlagen und diejenigen der Ausfuhr in Abzug gebracht worden sind.“ S. 11. 
s) Gummiindustrie. 
  
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