Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 7 
eine selbstständige Stellung zu haben. Sie traf Vorkehrungen, 
dass die Zahl derselben das Maass der gesteigerten Kräfte nicht 
überschreile. 
Die Anerkennung dieses Rechtes ist in neuerer Zeit erschültert 
worden und selbst versagt, weil — in.Folge einer mangelhaften 
Entwickelung in der Gliederung der Gesellschaft — der Schwächung 
und Ausartung des Familien- Gemeinde- und Korporationslebens 
— dasselbe dahin gemissbraucht wurde, die Kräfte und An- 
strengungen des heranwachsenden Geschlechtes zum Vortheil 
des älteren auszubeulen; die frischen Triebe dem Privilegium 
dienstbar zu machen, und so den Fortschritt zu hemmen, statt 
ihn zu fördern. 
Diese Thatsache veranlasste eine entgegengesetzte Nutz- 
anwendung der an und für sich gleichmässig anerkannten Wahrheit, 
dass das wohlverstandene Interesse des Einzelnen mit dem wahren 
Wohle der Gesellschaft im Einklang stehe, und dass zur Be- 
hauptung seiner Stellung in der entwickelteren Gesellschaft jeder 
Einzelne zu höheren Leistungen verbunden sei. Man zog hieraus 
nunmehr den Schluss, dass der eigene Vortheil jedes Ein- 
zelnen ihn zur entsprechenden Anstrengung seiner Kräfte treiben 
werde; und dass daher die Wahrnehmung der in dem Naturgesetz 
der Bevölkerungsverinehrung enthaltenen Pflichten von seiner 
Freiheit zu erwarten, sowie seiner Verantwortlichkeit 
zu überlassen sei. 
Von dieser Ansicht aus schritt man nach dem Vorgange 
Frankreichs auch in Preussen zur Aufhebung der wichtigsten 
Beschränkungen, welche der Freiheit des Einzelnen früher bei 
der Wahl seines Wohnorts, sowie seines Berufes und bei der 
Gründung eines eigenen Hausstandes entgegengestanden halten. 
Noch ist indess kein halbes Jahrhundert seit der Einführung 
dieses neuen Grundsatzes verflossen, und schon zeigt sich immer 
deutlicher und unabweislicher, dass die abstrakte und einseitige 
Anwendung desselben für den Einzelnen wie für das Gemein- 
wesen nicht minder grosse Gefahren und Uebel hervorruft, als 
der Missbrauch der Rechte, welche die ältere Gesellschaft für 
sich in Anspruch nahm. 
Einmal ist durch glaubwürdige Zeugnisse der verschiedensten
	        
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