vor Aristoteles und Platon. 169
Der Hauptgrund der Vertheidiger der Sklaverei wird uns
gleichfalls mitgetheilt; im $. 18. a. a. O. fährt nämlich Aristoteles
fort:
„Da nun von den entgegengesetzien Ansichten die Gründe für
die Einen, dass nämlich das an Tugend Bessere nicht
regieren und herrschen müsse“ (eine offenbare Verdrehung der
Ansichten der Gegner der Sklaverei) „weder Halt noch über-
wiegende Kraft haben, so halten sich Einige unbedingt, wie
sie meinen, an ein Gerechtes, denn das Gesetz ist ein Ge-
rechtes, indem sie die Sklaverei durch Krieg als eine
gerechte hinstellen. Zugleich aber verneinen sie es. Denn
der Grund (aoyr, wohl nicht Anfang, wie Stahr will) des
Krieges kann ja ungerecht sein, und dann wird doch. wohl
nimmermehr jemand behaupten, dass der, der es nicht ver-
schuldet hat, Sklave zu werden, ein Sklave sein solle* N).
Da es nicht unsere Sache sein kann, hier auf die eigenen
Ansichten des Aristoteles ?) oder Platons einzugehen, so lassen wir
es mit diesen Citaten bewenden, die, wie es uns schien, deutlich
genug zeigen, dass die Ansichlen über Sklaverei sich direct
genug entgegenstanden. Ob es nun eine eigene Literatur darüber
gab, können wir nicht sagen, und wir möchten es bezweifeln,
da die Sache selbst so ungemein gefährlich war, dass man
sie gerade wie gewisse politische Fragen in unserer Zeit, nur
mit höchster Vorsicht behandelte. Wie gewaltig aber gegebene
Verhältnisse auch auf die reinste Philosophie einwirken, das
sieht man wieder einmal auf diesem Punkte beim Aristoteles.
Fast unbegreiflich wird es den Lesern unserer Zeit sein, dass
ein so scharfer Denker, wie Aristoteles, die allerdings in der
Natur des Menschen liegende Nothwendigkeit, für die Einen zu
herrschen und für die Andern beherrscht zu werden, wäre es
auch nur innerhalb der Hauswirthschaft, mit dem Satze verwech-
1) Stahr übersetzt avaSıov dovievew mit „nicht verdient hat“. Es
muss offenbar zum Gegensatz zur Ursache des Krieges heissen „nicht ver-.
schuldet hat.“
2) Ueber die Ansichten des Aristoteles vgl. insbesondere Göttling
de notione servitutis apud Aristotelem. Jenae 1821. 4. Ritter, Gesch.
der Phil. III, 1.