Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

198 Studien über 
der Kinder, namentlich nach der Summe, die eines derselben 
erheirathet; in den ersten Fällen wird der Preis des Guts zu- 
nächst mit Rücksicht auf die früheren Uebernahmspreise und auf 
die Möglichkeit des wirthschafllichen Bestehens des neuen Bauern, 
fast immer aber weit unter dem möglichen Verkaufswerth des 
ganzen Guts oder seiner einzelnen Stücke festgesetzt. Die Ab- 
findungssumme, welche die andern Kinder erhalten, sind natür- 
lich dann oft sehr gering und erreichen häufig nicht einmal 
den Theil des elterlichen Vermögens, den sie dann als Pflicht- 
theil anzusprechen hälten, wenn das Gut mit der Absicht, einen 
möglichst hohen Gesammterlös zu erreichen, verkauft worden 
wäre. 
Dieses Verfahren der anticipirlen Erbauseinandersetzung durch 
Uebergabe des Guts an ein Kind bei Lebzeiten der Eltern hat 
offenbar in volkswirthschaftlicher Beziehung Manches gegen sich, 
namentlich das, dass der Hofbesitzer sich gewöhnlich zu einer 
Zeit zur Ruhe setzt, wo er noch in der besien Arbeitskraft steht. 
Aber es gilt als das sicherste Mittel den Hof zu relten und fand 
bis jetzt und findet noch heute auch bei solchen Bauern häufige 
Anwendung, deren Höfe immer freieigen waren, oder welche das 
Lehensverhältniss abgelöst haben. 
Indessen darf man sich über die Wirksamkeit auch dieses 
Verfahrens, soweit es ein freies ist und sich nicht an Lehens- 
verhältnisse mittelbar oder unmittelbar anschliesst, nicht täuschen ; 
seine erfolgreiche Anwendung hängt von Zufälligkeiten ab und 
begegnet rechtlichen und noch mehr in der Richtung der Zeit 
liegenden, socialen Schwierigkeiten. Zufälligkeilen wirken auf 
sie ein; denn der Besitzer des Hofs kann sterben, ohne dass er 
über denselben verfügt hätlle. Die Zahl der Kinder kann so gross 
sein, dass auch schon mässige Abfindungen neben dem elter- 
lichen Ausgeding zu zahlen dem Guisübernehmer zu schwer wird, 
namentlich wenn bereits Schulden auf dem Hof stehen. Der Guts- 
übernehmer erheirathet vielleicht auch zu wenig; er muss gleich 
mit fremdem Geld seine Wirthschaft anfangen und die Last wird 
ihm dann zu drückend. Sodann stehen auch rechtliche Schwierig- 
keiten dem Verfahren im Wege. Je nachdem die Sache gemacht 
wird, können die abgefundenen Geschwister nach dem Tod der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.