Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

326 Betrachtungen 
Dass unter einer solchen Entwickelung der Zustände nur 
diejenigen leiden, welche zu einer leichtsinnigen Ehe geschritten 
sind, kann und wird Niemand behaupten. Zunächst verkümmern 
die Kinder dabei; in der zartesten Jugend wegen des Mangels 
an Pflege, in späterem Alter wegen des Missbrauchs ihrer Kräfte 
zum Erwerb. 
Alle Versuche, welche man gemacht hat, und in denen noch 
viele Kräfte verschwendet werden, das Loos der unglücklichen 
Kinder durch äussere Hilfsmittel zu verbessern, — wie durch 
Kleinkinderbewahranstalten, unentgeldlichen Schulunterricht, Sonn- 
tagsschulen, Reitungshäuser u. dgl. — müssen sich als ohnmächtig 
erweisen, da sie die Wurzel des Uebels nicht berühren, da sie 
das Familienleben nicht auf gesunde Grundlagen zurück- 
führen. Leicht können solche wohlgemeinte Maassregeln und An- 
stalten, ähnlich wie die im vorigen Jahrhundert angelegten Findel- 
häuser, unerwartete und selbst traurige Folgen nach sich ziehen. 
Nicht minder weitgreifend ist der Umstand, dass die Eltern, 
welche ihre Kinder darben sehen, und nicht im Stande sind, 
ihnen die Pflege und Theilnahme zu widmen, wie ihr natürliches 
Gefühl das zugleich als ihr Recht und als ihre Pflicht bezeichnet, 
nur zu leicht bitteren Hass gegen die ganze menschliche Gesell- 
schaft und namentlich gegen diejenigen einsaugen, welche ihnen 
oft sehr irriger Weise als die Ursache ihres gestörten Familien- 
lebens erscheinen. In ihrem eigenen Thun oder in dem Ver- 
schulden früherer Jahre die Ursache ihres Unglücks zu suchen 
und zu finden, sind die wenigsten Menschen stark genug. Be- 
sonders schwer wird es, anzuerkennen, dass ein vielleicht an 
sich eingeräumites Vergehen, ohne Verschulden Anderer die Folgen 
haben könne und dürfe, uns in der Ausübung heiliger Pflichten 
werbebefugniss, Berlin 1841, Seite 392 bis 407, gegebene, ebenso klare als 
lebendige und eindringliche Schilderung der Zustände, in welche zu ver- 
sinken die Fabrikarbeiter nur zu häufig das Unglück haben. Die daselbst 
allgemein gehaltene Darstellung möchte zunächst vielleicht auf französische 
und englische Verhältnisse bezogen werden, gilt indess, wie der Verfasser 
durch eigene Beobachtungen sich hat überzeugen müssen, ebensowohl für 
unser deutsches Vaterland, in Schlesien, Sachsen, Berlin, wie am Rhein und 
an der Donau.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.