426 Studien über württembergische Agrarverhältnisse.
geht innerhalb der Gemeinde selbst vor sich. Je nach dem Uni-
fang, in welchem die Gegenwirkung einfritt, wird dann am Ende
eine grössere Anzahl verhältnissmässig stärker begüterter Bauern
vorhanden seyn neben einer grössern Menge von Besitzlosen,
während die Zahl der geringsten Wirthschaften sich vermindert
hat. In rein landwirthschaftlicher Beziehung wird die Aenderung
meist vortheilhaft seyn; denn es lässt sich allerdings als Regel
annehmen, dass der grössere Landwirth, der mit mehr Betriebs-
kapital arbeitet und dem es nach den Verhältnissen der Gemeinde
auch an Arbeitskräften nicht fehlen kann, dem Boden mehr abzu-
gewirnmen weiss, als der bäuerliche Taglöhner, der zwar Arbeits-
kraft genug hat, aber kein genügendes Betriebskapital. Wie die
Sache in allgemein ökonomischer und. socialer Beziehung wirkt,
das wird davon abhängen, was mit der vermehrten Menge Besitz-
loser geschieht. Im schlimmsten Fall’bleiben sie in der Gemeinde
hängen‘ und bilden ein trauriges Proletariat, um so schlimmer
wegen des schärferen Gegensatzes zu den reicher Gewordenen.
Im besten Falt bleibt ein Theil in der Eigenschaft von Taglöh-
nern zurück und gerade diesen kann es dann leicht besser gehen,
als vorher; ein andrer Theil wandert ganz aus mit oder ohne.
Unterstützung der Gemeinde; Einzelne verlassen wenigstens die
Gemeinde und finden da und dort Unterkunft und Brod. Im
leiztern Fall ist auch in socialer Beziehung die Aenderung ent-
schieden vortheilhaft und, wenn anders diese in genügend star-
kem Umfang eintrat, so ist das Resultat ein allgemein gesunderer
Zustand der Gemeinde, der mindestens eine oder ein paar Ge-
nerationen aushalten kann, bis nach dem System absoluter Frei-
heit mit der fortschreitenden Bevölkerung und fortgesetzten Thei-
lungen der Jammer wieder von Neuem beginnt.
So aber, wie es hier als ökonomisch nothwendig bezeichnet wird
und wie es nach der Versicherung genauer Kenner unsrer bäuer-
lichen Verhältnisse in einzelnen Gemeinden thatsächlich zu ge-
schehen schon begonnen hat, kann es unmöglich in den Orten
gehen, wo die Zahl der gänzlich Verarmten und gantmässig Ge-
wordenen oder wirklich Verganteten so gross ist und der Besser-
stehenden so wenige sind, dass die zum Zwangsverkauf kommen-
den Parzellen auch dann keine Käufer finden, wenn die Gläubiger