Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über’ württembergische Agrarverhältnisse. 451 
giebt, im Ganzen ausreicht, um einen tüchtigen Bauernstand zu 
conserviren, und das Land vor dem Ueberhandnehmen von Tag- 
löhnerwirthschaften zu bewahren. Zur Beantwortung dieser Frage 
gehört eine Kenntniss der Landesverhältnisse, die mir abgeht. 
Ein Beispiel eines Versuchs, auf dem Wege der Gesetz- 
gebung da, wo Theilbarkeit des Bodens schon längere Zeit er- 
laubt war und praktisch stattfand, zur Gebundenheit zurückzu- 
kehren oder neu einzuführen, ist mir aus Deutschland !) un- 
bekannt. 
Fragen wir nun, ob eine ähnliche gesetzliche Maassregel bei 
uns durchführbar wäre, so glaube ich, dass man darauf für die 
Gegenden mit einem unbedingten Ja antworten darf, welche bis 
jetzt das System der geschlossenen Güter im weitesten Sinn des 
Worts gehabt haben. Hier würde sich nämlich das Gesetz un- 
mittelbar an die auf der Sitte oder der bisherigen Lehensordnung 
beruhende Uebung anschliessen und es würden keinerlei Privat- 
interessen dabei verletzt. Der Bauer, der bis jetzt nicht anders 
wusste, als dass sein Gut an Eines seiner Kinder kommen werde, 
und der darnach seine Wirthschaft einrichtete, würde im neuen 
Gesetz ebensowenig eine Aenderung seiner Sitte und seines 
Rechts erblicken können, als die Kinder, die auch ohne dieses 
Gesetz nichts Anderes erwarten konnten, als dass nur Eines aus 
ihrer Zahl das Gut erben und die Uebrigen abgefunden werden 
würden. Auch die bisher gewohnte Art der Vererbung oder der 
Uebergabe des Guts an eines der Kinder würde nicht im Gering- 
sten angegriffen. Wo bisher der ältesie oder der jüngste Sohn 
oder die älteste Tochter das Gut bekam, oder wo der Bauer 
dasselbe an dasjenige seiner Kinder verkaufte, das am meisten 
1) Ein Beispiel führt Hanssen in der Anzeige des Buchs von Haxt- 
hausen über die ländliche Verfassung, in der preuss. Monarchie an (s. Archiv 
1840. S. 444. Anm. 45). Auf der zu Schleswig gehörigen friesischen Insel 
Pallworm wurde nach einer Arrondirung 1832 die weitere Güterzerstückelung 
ohne höhere Erlaubniss verboten. Die Arrondirung war nur dadurch möglich 
geworden, dass die Regierung !/s der Insel, das ihr durch Steuerrückstände 
zugefallen war, den übrig gebliebenen Landstellen nach vorhergegangenem 
Austausch theils verschenkte, theils wohlfeil verkaufte. Vorher war voll- 
kommene Freiheit zu theilen.
	        
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