Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

466 Völkerrechtliche Lehre 
Einmal nämlich sind sowohl die positiven Gesetze und 
Rechtsgewohnheiten der bedeutendsten Staaten über die 
Aufnahme, Bestrafung und Auslieferung von Ausländern, als die 
über diese Verhältnisse geschlossenen Verträge solcher Mächte 
anzugeben. 
Zweitens aber müssen die bis jetzt aufgestellten Ansichten 
der leitenden Schriftsteller im Wesentlichen dargelegt und 
nach ihrer inneren Verwandtschaft zusammengestellt werden. 
Ist diese Uebersicht gewonnen und somit der zur Ausbil- 
dung einer selbstständigen Ansicht nöthige Stoff gesammelt, so 
mag dann zum zweiten Hauptgegenstand, zur eigenen Lehre 
übergegangen werden. Einleuchtend ist hierbei, dass, wenn 
wirklich Ordnung geschafft werden will, ebenfalls zweierlei ge- 
schehen muss. 
Zunächst ist es mit einer blossen Ergänzung des jetzigen 
mangelhaften positiven Völkerrechtes aus der vorhandenen Masse 
von Verträgen, einseitigen Erklärungen u. s. w. nicht gelhan. 
Dass diese Bruchstücke und sich geradezu widersprechenden Satzun- 
gen zur Gewinnung eines ausreichenden Systemes und eines festen 
Standpunktes nicht genügen, ist ja eben durch den Zwiespalt 
der Meinungen und Handlungen der europäischen Slaaten er- 
wiesen. Ein sicherer Boden wird nur gewonnen durch eine 
Darlegung der Sätze des philosophischen Rechtes über den 
Gegenstand, also durch eine Entwicklung und Nachweisung des 
rein Vernünftigen. Allerdings hat Letzteres zunächst nicht die 
Bedeutung einer formellen internationalen Verabredung oder Ge- 
wohnheit. Allein, einmal, kann nur auf diese Weise eine Grund- 
lage für eine bewusste und folgerichlige Kritik des thatsächlich 
Vorhandenen gewonnen werden, wie sie einer gründlichen Ver- 
besserung: vorangehen muss. Dann aber haben die Ergebnisse 
einer solchen Forschung doch auch ihre unmittelbare Bedeu- 
tung für das Leben. Dieselben können, als die nothwendigen 
Folgerungen aus dem Wesen der Staaten und ihres gegenseitigen 
Verhältnisses, nicht nach Belieben bei Seite geschoben werden, 
  
—— 
digste gerühmte These von Wallon (wohl eine Pariser Dissertation) habe 
ich nicht zu Gesicht bekommen.
	        
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