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mit den inneren Angelegenheiten anderer Staaten stattfindet, und
man sich mit der Beurtheilung des Rechtszustandes derselben
nicht zu befassen braucht. Diess erspart Verlegenheiten, mög-
licherweise selbst Gefahren.
Leider haben aber beide Systeme keineswegs blos Vor-
theille. Vielmehr bedarf es keines grossen Nachdenkens und
Scharfsinnes, um einzusehen, dass sowohl die kosmopolitische als
die selbstsüchtige Ansicht in ihrer Starrheit zu grossen Un-
zuträglichkeiten führt, und zwar nicht minder für die da-
nach handelnden Staaten selbst, als für dritte und überhaupt für
die menschliche Gesilligung.
Was nämlich zuerst die aus der kosmopolitischen Auf-
fassung entstehenden Schwierigkeiten und Nachtheile betrifft, so
ist vor Allem einleuchtend, dass der Staat sich dadurch eine
grosse Menge von beschwerlichen und weit aussehen-
den Geschäften aufladet, welche nur in sehr-mittelbarer Weise
für ihn selbst von Nutzen sind. — So weit es sich nämlich von
Vorbeugungs-Maassregeln handelt, muss er nicht nur die
politischen Verhältnisse aller Staaten, mit welchen seine bleibenden
oder vorübergehenden Unterlhanen in Berührung kommen können,
beständig im Auge behalten, um danach zu beurtheilen, ob und
welche Eingriffe etwa gemacht werden können, und um ent-
sprechende Vorbeugungsansialten zu treffen; sondern er muss
selbst da, wo nur die Verletzungen Einzelner in fremden Staaten
als wahrscheinlich erscheinen, einschreiten, und also beobachten.
Wie weit diess aber gehen kann, und zu welchen Folgerungen
es führt, davon mögen nachstehende Andeulungen ungefähr einen
Begriff geben. Bei der Mitwirkung zum Schutze fremden öffent-
lichen Rechtes wird es sich nicht etwa blos von der Verhinde-
rung von Verschwörungen, Freischaarenzügen u. dergl. handeln,
sondern z. B. auch von Maassregeln gegen Schleichhandel, welcher
vom diesseitigen Gebiete aus in fremdes Land geführt werden
wollte. Die Verletzung der Einkommengesetze des fremden Staates
und die Störung des von ihm beliebten Gewerbeschutzes ist un-
zweifelhaft, abstract aufgefasst, eine Rechtsverletzung. Will man
nun auch grossmüthig davon absehen, dass diese Anstalten viel-
leicht unmittelbar zur Benachtheiligung unserer eigenen Ange-
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