Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

546 Völkerrechtliche Lehre 
selbe nothwendig, und so lange sie nicht mit überwiegenden 
Nachtheilen für den zur Mitwirkung Aufgeforderten verbunden 
ist. Mit anderen Worien, man ist dahin einverstanden, dass ein 
vermittelndes oder mittleres System zu erstreben sei. 
Es ist nun aber einleuchtend, dass, wenn auch die Richtig- 
keit dieser Ansicht lediglich nicht beanstandet wird, eine prak- 
tische Lösung der Aufgabe bedingt ist durch die Beantwortung 
der Vorfrage: ob als Grundlage des gemischten Verfahrens 
die kesmopolitische oder aber die selbstsüchlige Auffassung an- 
genommen wird? Nicht nur hängt davon die formelle Ordnung 
des Gedankenganges ab; sondern es ist überhaupt ein grosser 
Unterschied, was als Regel und was als Ausnahme zu betrachten 
ist, für welche Antwort also in einem Zweifelsfalle entschieden 
werden muss. 
Nachstehende Gründe sprechen nun aber dafür, die kosmo- 
politische Auffassung der Rechtsaufgabe als die richtige Grund- 
lage für gesiltigle Staaten zu erklären. — Vorerst sind die ihr 
wesentlich anklebenden Uebelstände, Alles wohl überlegt und 
verglichen, die geringeren; denn sie begreifen nur Unannehm- 
lichkeiten und minder nothwendige Opfer in sich, während die 
natürlichen Nachtheile des selbstsüchtigen Systemes in manch- 
facher und bedenklicher Bedrohung der Rechtssicherheit bestehen. 
Wenn also eiwa die anzustrebende Vermittlung in diesem oder 
jenem Punkte nicht jede Unzuträglichkeit des angenommenen 
Grundsatzes zu beseiligen vermögen sollte, so sind doch bei der 
Annahme dieser Grundlage die übrig bleibenden Missstände er- 
träglicher. — Sodann ist es hier überhaupt die richligere Ansicht 
vom menschlichen Leben und von der Staatsaufgabe. In der 
möglichsten Ausbildung des einzelnen Volks- und Staatslebens 
geht die Bestimmung des Menschengeschlechtes nicht auf, und 
es dürfen also auch nicht alle Einrichtungen im letzten Gedanken 
nur darauf berechnet sein. Eine völlige Gleichheit aller Völker 
in Gesittigung und gesellschaftlicher sowohl als staatlicher Ge- 
staltung mag ein Hirngespinnst sein; und es ist selbst mehr als 
wahrscheinlich, dass die Verschiedenheit der Ragen, der Him- 
melsstriche und der tellurischen Lage auch eine wesentlich ver- 
schiedene Ausbildung grosser Abtheilungen des Menschenge-
	        
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