Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 575 
dass die Regel des Einen höchstens als Ausnahme von dem An- 
dern anerkannt ist? Man bedenke ferner noch, dass diese Mei- 
nungsverschiedenheit der Theoretiker unmittelbar auf die Gesetz- 
gebungen eingewirkt und in diesen die widersprechendsten Be- 
stimmungen veranlasst hat; dass aber hierdurch das gemeine 
Rechtsbewussisein auf eine höchst verderbliche Weise gestört, 
überdiess eine Menge von verdriesslichen Schwierigkeiten zwi- 
schen den Staaten und ihren Behörden hervorgerufen wird. Eine 
Lehre, welche hier Einheit der Ansichten, und in Folge dieser 
allmählig auch grössere Uebereinstimmung in den Strafgesetz- 
büchern hervorriefe, wäre in der That als ein Glück Zu begrüsen. 
Niemand aber wird behaupten wollen, dass die Auffindung solcher 
allgemein anerkannter Sätze eine Unmöglichkeit sei. Handelt es 
sich doch hier nicht von verschiedenen örtlichen oder zeitlichen 
Bedürfnissen, nicht von abweichenden Gesittigungsstufen, von 
einmal bestehenden Sitten und Einrichtungen, welchen Rechnung 
zu tragen wäre; sondern lediglich von einer allgemeinen Auf- 
fassung des Staates und seiner Zwecke, von einer logisch rich- 
tigen Anwendung dieser Begriffe, kurz von Wahrheiten, welche 
zu jeder Zeit und für alle Menschen bestehen, wenn sie nur 
einmal richtig aufgefunden und überzeugend nachgewiesen sind. 
Aus dem in einem frühern Abschnitte Bemerkten ergiebt 
sich, wie sehr sowohl die allgemeine Staatslehre (oder, 
wenn der Gegenstand daselbst abgehandelt werden soll, das philo- 
sophische Staatsrecht) als die Präventivjustiz einer 
Ergänzung in der ganzen Lehre von Sorge für fremde Rechts- 
ordnungen bedürfen. Beide Wissenschaflen haben sich bis jetzt 
der Untersuchung des Grundsatzes und seiner Folgen völlig ent- 
schlagen. Die erstere aber wird wesentlich gewinnen durch die 
tiefere Begründung des Staates in den Bedürfnissen der Men- 
schen und in dem Gesammtleben der Menschheit, so wie durch 
den Nachweis eines reichern Inhaltes seiner Thätigkeit. Bei 
der Präventiv-Justiz aber ist nicht nur die Ausfüllung einer 
grossen, ihr mit Recht jetzt zum Vorwurf gereichenden Lücke in 
ihren Grundsätzen und Rathschlägen in’s Auge zu fassen; son- 
dern namentlich auch noch, dass durch diese ihre Verbesserung 
ohne Zweifel ein weiterer Anstoss gegeben würde zur allmähligen
	        
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