in Brüssel. 635
u. s. w. mit ihrer von Haus aus verschiedenen Behandlungsweise der Philo-
sophie, mit dem Gegensatz germanischer und romanischer Wissenschaft-
lichkeit, sich untereinander verständigen sollen. Dass auf diesem Wege nach
dieser Richtung nichts erreicht werden kann, liegt vollkommen in der Natur
der Sache. Der wissenschaftliche Fortschritt geht vor sich in der einsamen
Kammer des Denkers und in dem Austausch sorgsam überlegter Ansichten
durch die Literatur; das ist ein langsamer Process, der oft nicht in einer
Generation sich vollzieht; während die Alten mit ihren Meinungen, an denen
sie festhalten, ins Grab steigen, wachsen mit den Jungen die neuen Ideen
aus dem von den Vätern bearbeiteten Boden enpor. Auch hat gerade
dieser erste statistische Congress gezeigt, dass eine formelle Einigung der
Statistiker über den Begriff der Statistik für seine Zwecke unnöthig ist,
denn jene haben sich alle in den gemeinsamen praktischen Zielen still-
schweigend begegnet. Wir fürchten, dass wenn man eine solche
formelle Einigung dennoch versuchen wollte, diess .neben der Zeitver-
schwendung zu einem Hervortreten von streitenden Gegensätzen führen
möchte, dessen unmittelbar nachtheilige Folgen für das praktische Zusam-
menwirken, durch etwaige mittelbare theoretische Anregung nicht aufge-
wogen werden würden.
Das praktische Ziel wird aber in dem Maasse besser erreicht werden, als
die Beschlüsse des Congresses sich möglichst wenig von dem entfernen,
was in den einzelnen Ländern schon gilt oder ohne erhebliche Schwierig-
keit eingeführt werden kann; denn in allen Staaten werden sich der Ein-
führung neuer statistischer Erhebungen, der Vermehrung der Arbeit für die das
Vorhandene auszubeuten bestimmten Beamten, der Erweiterung der Publi-
cationen grössere oder geringere Hindernisse entgegenstellen. Auf cinen
dieser Punkte, nicht selten auf alle zusammen wird es immer in diesem
oder jenem Staate ankommen, wenn die Beschlüsse des Congresses ver-
wirklicht werden sollen. Da die meisten Staaten bis jetzt kaum so viel er-
heben, als für ihre unmittelbar administratiyen Zwecke nach der Besonder-
heit ihrer Gesetze und Einrichtungen nothwendig ist, und da Niemand ver-
langen wird, dass sie-um der statistischen Gleichförmigkeit willen entweder
das für ihre bestehende Verwaltung Erforderliche nicht ins Auge fassen,
oder ihre Gesetzgebung und Staalsorganisation ändern sollen, so wird um
die Vergleichung möglich zu machen und die höheren wissenschaftlichen
Zwecke mittelst der officiellen Statistiken erreichen zu können, sehr häufig
eine Einschiebung neuer vergleichbarer Rubriken neben Beibehaltung der
alten nothwendig werden; — und der dadurch entstehenden Vergrösserung
der auf die Statistik zu verwendenden Müheleistungen und Kosten werden
sich um so mehr Gegner entgegenstellen, je mehr diese Zuthaten Arbeit nnd
Aufwand verursachen, je weniger der Sinn für die Statistik irgendwo lebendig
ist, je geringer die Mittel sind, welche ‘ein kleiner Staat überhaupt aufzu-
wenden hat. Von jenen Hemmungen ganz zu schweigen, welche eine über-
triebene Vorliebe für das Einheimische und Selbsterfundene, eine Abneigung