88 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
welchem Hannover durch Personalunion verbunden war, be-
kanntermaassen geschehen ist. Wenigstens fehlt es an jeder
darauf abzweckenden Erklärung und jeder derselben entsprechen-
den thatsächlichen Documentirung der Behauptung, dass auch der
Kurfürst von Hannover den Krieg gegen Frankreich fort-
geführt habe.
Legt man diesen unzweifelhaften factischen Verhältnissen,
welche mit der Existenz des Königreichs Westphalen und seiner
Regierung verbunden waren, die erforderliche Bedeutung bei,
'so wird man unmöglich, auch vom rein völkerrechtlichen Stand-
punkte aus, blos von einer während des Krieges stattgefundenen
feindlichen Besetzung der Hannover’schen Lande und den mit
einer solchen verbundenen Rechtswirkungen reden können.
Hauptsächlich ist aber dabei zu erwägen, dass die ganze Frage
von der Verbindlichkeit der Handlungen des Zwischenherrschers
in ihren wichtigsten, die Rechte Einzelner berührenden Bezie-
hungen weniger eine völkerrechtliche, als vielmehr eine staats-
rechtliche Frage ist. Denn das Völkerrecht hat es blos mit den
Rechtsverhältnissen der Staaten oder ihrer Völker und ihrer
Glieder, als Bestandtheile des Ganzen, zu einander zu thun; das
Staatsrecht dagegen mit den durch das Wesen und die Natur
der Staatsverbindung begründeten und im einzelnen Staate positiv
rechtlich bestimmten Rechten und Pflichten der Staatsgewalt als
solcher und im Verhältniss zu den Staatsgliedern. Völkerrecht-
lich ist daher allerdings das Verhältniss des durch eine fremde
Macht eingesetzten Usurpators zum legitimen Herrscher; nach
Völkerrecht ist die Frage zu beurtheilen, ob das Recht des
legitimen Herrschers im Verhältniss zu anderen Staaten und
Völkern noch bestehe und im Falle der Restitution ein jus posi-
liminit anzuerkennen sei, oder in der That eine auf neuem
Titel beruhende Herrschaft beginne; völkerrechtlich ist endlich
die Frage, in wiefern der restaurirte Besitzer die während des
Interregnums mit andern Staaten abgeschlossenen Verträge und
die im Verhältnisse zu diesen begründeten Rechte und Verbind-
lichkeiten zu übernehmen habe. Was dagegen das Verhältniss
der Unterthanen zur s. g. Usurpation betrifft, und die Frage, ob
und inwiefern die in der Zwischenzeit für Einzelne begründeten