Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

196 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
jedoch grundsätzlich von derjenigen Behörde, die mit ihrer Berechnung 
oder Verwendung bezw. mit Leistung der Dienste, für die sie erfordert 
werden, betraut ist, einseitig erfolgen. OVG. E. Bd. 35 S. 102. 
Staats- oder Kommunalbeamte können nach Art. 102 der Verfassungs- 
urkunde nur auf Grund des Gesetzes Gebühren erheben. Dasselbe gilt 
für die von den Gerichten festzusetzenden Gebühren. Für die streitige 
Gerichtsbarkeit sind die Gebühren geregelt durch das deutsche Gerichts- 
kostengesetz vom 18. Juni 1878 (RGl. S. 141), jetzt in der Fassung 
der Bek. des Reichskanzlers vom 20. Mai 1898 (REBl. S. 659), und 
für die nicht streitige Gerichtsbarkeit durch das preußische Gesetz vom 
25. Juni 1895 in die Fassung der Bek. vom 6. Oktober 1899 (GS. 
S. 325). Im übrigen können Gebühren in Preußen grundsätzlich durch 
Verordnung eingeführt werden. Auch den Gemeinden ist jetzt die 
Erhebung von Gebühren durch das Kommunalabgabengesetz gestattet. 
Zweites Kapitel. 
Das Steuerwesen. 
A. Staatsstenergesetzgebung. 
Erster Ditel. 
8 56. Allgemeines über das heutige direkte Staats- 
stenersystem (Uberblick) ## die Verwaltung der direkten 
IEuern. 
1. Das heutige direkte Staatssteuersystem. 
Der preußische Staatshaushaltsetat beruht im wesentlichen auf den 
direkten Staatssteuern. 
Als Formen des direkten Staatssteuersystems sind zu unterscheiden 
die Personalsteuer und die Ertragsteuern. 
Zu ersterer zählt die Einkommensteuer nebst der Ergänzungsteuer, 
zu letzteren gehören die Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer nebst der 
Eisenbahnabgabe. 
Diesen verschiedenen Besteuerungsformen hafteten große und schwer 
empfundene Übelstände an. Die Hauptmängel waren: Die unzuläng- 
liche und ungleichmäßige Veranlagung der Einkommen, infolge der 
nicht genügenden Scheidung zwischen fundierten und nicht fundierten 
Einkommen, die mehrfache Besteuerung des Grundbesitzes und des 
Gewerbebetriebes sowohl durch die Einkommensteuer als durch die 
Ertragsteuer, die steuerliche Üüberlastung des Grundbesitzes im Vergleich 
zum Gewerbebetriebe, die ungleiche Veranlagung der Grundsteuer, die 
übermäßige Höhe der städtischerseits erhobenen Zuschläge (bis zu 
600 Prozent der Staatssteuer). 
Diese Ubelstände suchte die Miquelsche Steuerreform zu beseitigen. 
indem sie in den Jahren 1893—1895 eine durchgreifende Umgestaltung 
der direkten Staatssteuern und der Kommunalbesteuerung vornahm. 
Diese Steuerreform ist in vollem Umfang am 1. April 1895 in 
Kraft getreten. Ihr liegen zugrunde folgende Gesetze: 
  
 
	        
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