Artikel 37. Die Militärstrafgerichtsbarkeit. 571
welche auch in Bayern gelten, jedoch, wie § 72 des RMil # besagt,
„nach näherer Bestimmung des Böndnisvertrages vom 23. November
1870“, d. h. mit der Maßgabe, daß (wie die Begründung zu § 72
ausdrücklich hervorhebt), die in den §§ 6—8 MilG# vorbehaltenen
Verordnungen für das bayerische Heer nicht vom Kaiser, sondern vom
König von Bayern erlassen werden.
2. Auslegung. — Der Artikel handelt wie die beiden ihm im
Texte folgenden von besonderen Beschränkungen der Militärpersonen,
Beschränkungen, welche gegenüber den in diesem II. Titel enthaltenen
Vorschriften über das Gemeine Recht aller Staatsbürger Geltung be-
haupten sollen und daher zweckmäßigerweise in diesem Titel selbst
Erwähnung finden mußten. Der gesetzgeberische Grund der Beibe-
haltung dieser Beschränkungen liegt, wie der Bericht des Zaussch
im Gegensatz zu der Meinung der Komm der Nat Vers (oben 569)
betont, in der Erwägung, daß, „je freier die Verfassung eines Landes
sich gestaltet, je strenger dessen militärische Institutionen sein müssen“
(I. K. 738).
I. Der erste Satz des Artikels läßt eine von der allgemeinen
ordentlichen (vgl. Art. 7) verschiedene besondere Gerichtsbarkeit über „das
Heer“ als Strafgerichtsbarkeit zu; er verbietet damit die Einführung
von Sondergerichten für die Privatrechtsstreitigkeiten der Militärpersonen
(die ehedem in Preußen bestanden hatten, aber schon lange vor 1848
aufgehoben worden waren) und behält die Regelung der Militärstrafrechts-
pflege der Gesetzgebung vor. Hierdurch wurden zugleich die der letzteren
Materie angehörigen vorkonstitutionellen Rechtsnormen, insbesondere
des Mil StrGB und die Mil StrGO vom 3. April 1815 (GS 287)
mit der Kraft formeller konstitutioneller Gesetze aufrechterhalten (val.
oben 566). Art. 61 RV verlieh diesen Normen Reichsgesetzeskraft,
so daß auch schon vor dem RMilE# vom 2. Mai 1874, § 39 Abs. 1,
Abänderungen der preußischen Mil StrGO vom 3. April 1845 nur
mehr durch Reichsgesetz erfolgen konnten. Das RMil G hat dann das
Militärjustizwesen neuerdings und ausdrücklich, mit Wirkung auch für
Bayern, zu einem Gegenstande der ausschließlichen Reichsgesetzgebung
erklärt. Nachdem das materielle Militärstrafrecht durch das RMilStrGB
vom 20. Juni 1872 geregelt worden war, kam es, sehr viel später, zur
Neuordnung auch der formellen — organisatorischen und prozessualen —
Seite der Materie, der Verfassung, Zuständigkeit und des Verfahrens
der Militärgerichte: RMil Str-O vom 1. Dezember 1898. Die Militär-
gerichtsbarkeit beschränkt sich auch nach dieser RMil StreO, dem Grund-
satze unseres Artikels und des RMMilEG gemäß, auf Strafsachen und