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1. So hat man fälschlicherweise im Bundesrat ein Ober—
haus, eine erste Kammert“) sehen wollen,) und diese Auffassung
ist auch leicht zu verstehen, da der Bundesrat allerdings wegen
seiner Beteiligung an der Gesetzgebung die Geschäfte einer
parlamentarischen Körperschaft besorgt, womit er sich jedoch
nicht begnügt. Und ihm liegt nicht ob, eine Zwischenstellung
zwischen der Regierung und der Volksvertretung zu bilden,
weil er selbst die Stellung einer Regierung, zumal in der
Gesetzgebung einnimmt. 0)
Und wie schon oben erwähnt, hat der Bundesrat schon
deshalb nicht den staatsrechtlichen Charakter eines Parlaments,
weil seine Mitglieder nicht parlamentarische Abstimmungsfrei-
heit haben, d. h. nicht nach freier Uberzeugung stimmen,)
sondern gemäß der ihnen erteilten Instruktion,) und weil sie
nicht unabhängige und unabberufbare Vertreter des Volkes,
sondern verantwortliche und abhängige Organe ihrer Staaten
sind. 9)
oder Fürstenhaus setzen und endlich wieder andere ein solches Organ den
schon bestehenden übrigen hinzufügen. (Thudichum, S. 119 f.; v. Rönne,
Staatsr., S. 196, Verf.-Recht, S. 148).
4) Ein Oberhaus wird gewöhnlich im Gegensatz zu einer Volksver-
tretung nicht durch Wahlen des Volkes gebildet.
5) Winter: Der Bundesrat und die Reichsoberhausfrage, S. 58 f.;
Kliemke, S. 32 f., der aber unter dem Begriff Oberhaus eine von der all-
gemeinen Auffassung einer parlamentarischen Körperschaft abweichende An-
sicht hat; Laband, Staatsr. 1. S. 237.
6) Als Gegengrund kann auch Art. 9 Reichsverf. dienen. Vgl. hier-
über die Rede des Abg. Dr. Ree, Materialien I, S. 664: „Wo in aller
Welt findet das statt, daß Mitglieder des Oberhauses in die andere Ver-
sammlung kommen und da jederzeit das Wort verlangen können? Das
sind ja nur Dinge, die dem Ministerium als solchem in der Exekutive zu-
stehen.“ Ferner ist hier an die Vorschrift des Art. 24 Reichsverf. zu er-
innern, wonach eine Auflösung des Reichstags nur durch einen Beschluß
des Bundesrates unter Zustimmung Preußens erfolgen kann.
7) Vgl. Entsch, des Reichsgerichts vom 14. Dez. 1882. (III. Strfs.
Bd. 7, S. 382).
8) Vgl. dagegen für den Reichstag Art. 29 Reichsverf.
9) Wie Fürst Bismarck übrigens gegenüber darauf hinzielenden Be-
strebungen über ein deutsches Oberhaus dachte, geht aus seiner bekannten
Rede in der Sitzung vom 28 März 1867 Sten. Ber. S. 430. gl. dabei
die Bemerkungen des Abg. Planck, S. 426. — Bgl. auch v. Mohl, S. 231,