Heftiges Infanterie- und Maschinengewehrfeuer knatterte
aus allen Richtungen auf das Bataillon, auch aus den
scheinbar verlassenen Häusern von Anseremme blitzte es auf.
Dennoch gelang es dem tapferen Bataillon, hinter dichtem
Buschwerk und Mauern das Maasufer zu be-
33
Der 22. August
Der 22. August, der Vortag der geplanten Schlacht
um die Maasübergänge, verlief bei der dritten Armee
setzen. Durch Patrouillen wurde sofort Ver
bindung mit den 12. Jägern aufgenommen
Dem III. Bataillon standen auf seinem Vor-
marsch nicht so gute Wege zu dem überwiese-
nen Abschnitt zur Verfügung wie dem I. Ba-
taillon. Uber Stock und Stein, über Hecken
und Gärten gelangte es aber auch trotz des
dichten Nebels bis an die steilen Ufer des in
der Tiefe schäumenden Stromes hinab und
bezog ohne Kampf, aber immer im Feuer der
feindlichen Maschinengewehre die befohlene
Stellung. Dann begab sich der Bateillons-
kommandeur selbst mit seinem Adjutanten
an das Flußufer hinab, um die UÜbergangs.
möglichkeiten zu erkunden. Es stellte sich her
aus, daß der Mangel eines gedeckten An-
marschweges, die reißende Strömung und die
Schwierigkeit, das Brückengerät angesichts
des auf dem steilen Westufer sitzenden Fein-
des bereitzustellen, hier einen Ubergang un-
möglich machten.
Nachdem die Bataillone so ihre Aufgaben, das östliche
Maasufer von feindlichen Sicherungen zu säubern und
die Ubergangsmöglichkeit zu erkunden, erfüllt hatten, er-
hielten sie in den Morgenstunden vom Regiment Befehl,
nach Drehance zurückzugehen. Da sich mittlerweile der-
Nebel gehoben hatte, konnte der Gegner die Aufgabe des
Abschnittes bemerken und überschüttete uns mit einem Hagel
von Geschossen. Durch geschickte Führung traten aber bei
den meisten Kompagnien keine Verluste ein.
Nur bei der 3. Kompagnie war die Loslösung äußerst
schwierig, da sie angesichts des Feindes eine Parkmauer
überklettern mußte.
Als Leutnant Förster sah, daß einzelne Leute dieser Kom-
pagnie zögerten, die Mauer zu überklettern, stellte er sich
aufrecht auf die Mauerkrone, ermutigte hierdurch die Mann-
schaften und war ihnen behilflich. Als erster Leutnant des
Regiments erhielt er kurze Zeit später dafür das eiserne
Kreuz. Nur mit ganz geringen Verlusten erreichte er das
Regiment Dréhance in den Morgenstunden des 22. August.“
Die nächtlichen Unternehmungen gegen die drei Brücken
von Houx, Dinant und Anseremme haben den Maas-
übergang, der erst am 23. August planmäßig erzwungen
wurde, weder vorbereitet noch anderswie gefördert. Als ge-
waltsame Erkundungen konnten sie schon deshalb keinen
Erfolg haben, weil ihnen der Angriff, der sie ausnutzen
sollte, nicht unmittelbar folgte. Dagegen boten sie dem
Gegner Gelegenheit, seine Abwehrmaßnahmen zu erproben,
und stärkten den Willen der Bevölkerung, die nun zum
zweiten Male seit sechs Tagen die Deutschen erfolglos
gegen die Maas vorprellen sah, zum bewaffneten Wider-
stand. Trotzdem haben sie die beabsichtigte Wirkung, wie
aus den französischen Berichten erkennbar ist, durchaus
nicht verfehlt. Tatsächlich hat der Feind von da ab
nicht einen Mann von seiner Magsfront nach der Sambre-
front, wo die Schlachtentscheidung fiel, wegzuziehen ge-
wagt. Das hätte noch viel größere Bedeutung für die
Gesamtoperation gewonnen, wenn die deutsche Oberste
Heeresleitung die drei Armeen ihreo rechten Flügels zu
einer großen Einkreisungsbewegung gegen die französische
fünfte Armee und die Engländer unter straffer, einheit-
licher Leitung zusammengefaßt hätte. Näher kann auf diese
Operationsfrage erst nach Bericht des tatsächlichen Verlaufs
der Kämpfe an der Maas eingegangen werden.
Sachsen in großer Jeil. Band II
Dinant, Gesamtbild von Süden her
unter regster Aufklärungs= und Vorbereitungstätigkeit.
Dao Oberkommando der dritten Armee war sich der
Schwere seiner Aufgabe, Erzwingung des Flußüberganges
angesichts des seit geraumer Zeit fest eingebauten starken
Gegners, wohl bewußt. Nichts sollte dem Zufall über-
lassen bleiben. Wie bei einem gutgeleiteten Friedens-
manöver verliefen die Vorbereitungen zielsicher, ohne
Überhastung. ,
Alle einlaufenden Meldungen bestätigten dem Ober-
kommando der dritten Armee die Anwesenheit des Feindes
(wahrscheinlich I. und III. Armeekorps) westlich der Maas
von Annevoie—Rouillon über Bouvignes bis Hastiere—
Lavaux. Die von ihm bezogene Stellung, die bereits von
der Garde= und §. Kavalleriedivision erkannt und gemeldet
worden war, hatte in den letzten Tagen noch weiteren Aus-
bau erfahren, so daß hiernach die vom Oberkommando der
dritten Armee ausgegebenen Skizzen vervollständigt werden
konnten.
Die Korps schoben ihre Infanterie bis dicht hinter die
Angriffsfront heran. Die Artillerie legte ihre Stellungen
fest, und die Pioniere machten ihr Brückengerät bereit.
Nach Kenntnis der Strombreite der Maas und in Uber-
einstimmung mit den Erkundungsergebnissen wurde das
Material der Korps= und Divisionsbrückentrains für aus-
reichend zu vier Kriegsbrücken erachtet. Als Brückenstellen
kamen für den wahrscheinlichen Fall, daß der Gegner die
festen Brücken rechtzeitig sprengen würde, die Gegend von
Houx, ferner der Ausgang des Leffegrundes im Bereich
der 32. Infanteriedivision, das Ufer in Les Nivages im
Raume der 23. Infanteriedivision, sowie die Gegend ober-
balb von Anseremme und bei Hastieère im Abschnitt des
XIX. Armeekorps in Betracht. An diesen fünf Stellen ver-
banden feste Brücken die Ufer und vermittelten gute Straßen
den Abstieg und Aufstieg.
Aber gerade dort war der Fluß besonders breit. Auch
mußte von vornherein damit gerechnet werden, daß ein
beträchtlicher Teil der Pontons durch feindliches Feuer
verloren gehen würde. Für das Ubersetzen der ersten
Sturmtrupps bonnte auch auf die wenigen Stahlboote der
Divisionskavallerieregimenter gerechnet werden. Tatächlich
sind sie auch bei allen Divisionen zur Verwendung ge-
kommen.
3