Full text: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Heftiges Infanterie- und Maschinengewehrfeuer knatterte 
aus allen Richtungen auf das Bataillon, auch aus den 
scheinbar verlassenen Häusern von Anseremme blitzte es auf. 
Dennoch gelang es dem tapferen Bataillon, hinter dichtem 
Buschwerk und Mauern das Maasufer zu be- 
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Der 22. August 
Der 22. August, der Vortag der geplanten Schlacht 
um die Maasübergänge, verlief bei der dritten Armee 
  
setzen. Durch Patrouillen wurde sofort Ver 
bindung mit den 12. Jägern aufgenommen 
Dem III. Bataillon standen auf seinem Vor- 
marsch nicht so gute Wege zu dem überwiese- 
nen Abschnitt zur Verfügung wie dem I. Ba- 
taillon. Uber Stock und Stein, über Hecken 
und Gärten gelangte es aber auch trotz des 
dichten Nebels bis an die steilen Ufer des in 
der Tiefe schäumenden Stromes hinab und 
bezog ohne Kampf, aber immer im Feuer der 
feindlichen Maschinengewehre die befohlene 
Stellung. Dann begab sich der Bateillons- 
kommandeur selbst mit seinem Adjutanten 
an das Flußufer hinab, um die UÜbergangs. 
möglichkeiten zu erkunden. Es stellte sich her 
aus, daß der Mangel eines gedeckten An- 
marschweges, die reißende Strömung und die 
Schwierigkeit, das Brückengerät angesichts 
des auf dem steilen Westufer sitzenden Fein- 
des bereitzustellen, hier einen Ubergang un- 
möglich machten. 
Nachdem die Bataillone so ihre Aufgaben, das östliche 
Maasufer von feindlichen Sicherungen zu säubern und 
die Ubergangsmöglichkeit zu erkunden, erfüllt hatten, er- 
hielten sie in den Morgenstunden vom Regiment Befehl, 
nach Drehance zurückzugehen. Da sich mittlerweile der- 
Nebel gehoben hatte, konnte der Gegner die Aufgabe des 
Abschnittes bemerken und überschüttete uns mit einem Hagel 
von Geschossen. Durch geschickte Führung traten aber bei 
den meisten Kompagnien keine Verluste ein. 
Nur bei der 3. Kompagnie war die Loslösung äußerst 
schwierig, da sie angesichts des Feindes eine Parkmauer 
überklettern mußte. 
Als Leutnant Förster sah, daß einzelne Leute dieser Kom- 
pagnie zögerten, die Mauer zu überklettern, stellte er sich 
aufrecht auf die Mauerkrone, ermutigte hierdurch die Mann- 
schaften und war ihnen behilflich. Als erster Leutnant des 
Regiments erhielt er kurze Zeit später dafür das eiserne 
Kreuz. Nur mit ganz geringen Verlusten erreichte er das 
Regiment Dréhance in den Morgenstunden des 22. August.“ 
Die nächtlichen Unternehmungen gegen die drei Brücken 
von Houx, Dinant und Anseremme haben den Maas- 
übergang, der erst am 23. August planmäßig erzwungen 
wurde, weder vorbereitet noch anderswie gefördert. Als ge- 
waltsame Erkundungen konnten sie schon deshalb keinen 
Erfolg haben, weil ihnen der Angriff, der sie ausnutzen 
sollte, nicht unmittelbar folgte. Dagegen boten sie dem 
Gegner Gelegenheit, seine Abwehrmaßnahmen zu erproben, 
und stärkten den Willen der Bevölkerung, die nun zum 
zweiten Male seit sechs Tagen die Deutschen erfolglos 
gegen die Maas vorprellen sah, zum bewaffneten Wider- 
stand. Trotzdem haben sie die beabsichtigte Wirkung, wie 
aus den französischen Berichten erkennbar ist, durchaus 
nicht verfehlt. Tatsächlich hat der Feind von da ab 
nicht einen Mann von seiner Magsfront nach der Sambre- 
front, wo die Schlachtentscheidung fiel, wegzuziehen ge- 
wagt. Das hätte noch viel größere Bedeutung für die 
Gesamtoperation gewonnen, wenn die deutsche Oberste 
Heeresleitung die drei Armeen ihreo rechten Flügels zu 
einer großen Einkreisungsbewegung gegen die französische 
fünfte Armee und die Engländer unter straffer, einheit- 
licher Leitung zusammengefaßt hätte. Näher kann auf diese 
Operationsfrage erst nach Bericht des tatsächlichen Verlaufs 
der Kämpfe an der Maas eingegangen werden. 
Sachsen in großer Jeil. Band II 
  
    
Dinant, Gesamtbild von Süden her 
unter regster Aufklärungs= und Vorbereitungstätigkeit. 
Dao Oberkommando der dritten Armee war sich der 
Schwere seiner Aufgabe, Erzwingung des Flußüberganges 
angesichts des seit geraumer Zeit fest eingebauten starken 
Gegners, wohl bewußt. Nichts sollte dem Zufall über- 
lassen bleiben. Wie bei einem gutgeleiteten Friedens- 
manöver verliefen die Vorbereitungen zielsicher, ohne 
Überhastung. , 
Alle einlaufenden Meldungen bestätigten dem Ober- 
kommando der dritten Armee die Anwesenheit des Feindes 
(wahrscheinlich I. und III. Armeekorps) westlich der Maas 
von Annevoie—Rouillon über Bouvignes bis Hastiere— 
Lavaux. Die von ihm bezogene Stellung, die bereits von 
der Garde= und §. Kavalleriedivision erkannt und gemeldet 
worden war, hatte in den letzten Tagen noch weiteren Aus- 
bau erfahren, so daß hiernach die vom Oberkommando der 
dritten Armee ausgegebenen Skizzen vervollständigt werden 
konnten. 
Die Korps schoben ihre Infanterie bis dicht hinter die 
Angriffsfront heran. Die Artillerie legte ihre Stellungen 
fest, und die Pioniere machten ihr Brückengerät bereit. 
Nach Kenntnis der Strombreite der Maas und in Uber- 
einstimmung mit den Erkundungsergebnissen wurde das 
Material der Korps= und Divisionsbrückentrains für aus- 
reichend zu vier Kriegsbrücken erachtet. Als Brückenstellen 
kamen für den wahrscheinlichen Fall, daß der Gegner die 
festen Brücken rechtzeitig sprengen würde, die Gegend von 
Houx, ferner der Ausgang des Leffegrundes im Bereich 
der 32. Infanteriedivision, das Ufer in Les Nivages im 
Raume der 23. Infanteriedivision, sowie die Gegend ober- 
balb von Anseremme und bei Hastieère im Abschnitt des 
XIX. Armeekorps in Betracht. An diesen fünf Stellen ver- 
banden feste Brücken die Ufer und vermittelten gute Straßen 
den Abstieg und Aufstieg. 
Aber gerade dort war der Fluß besonders breit. Auch 
mußte von vornherein damit gerechnet werden, daß ein 
beträchtlicher Teil der Pontons durch feindliches Feuer 
verloren gehen würde. Für das Ubersetzen der ersten 
Sturmtrupps bonnte auch auf die wenigen Stahlboote der 
Divisionskavallerieregimenter gerechnet werden. Tatächlich 
sind sie auch bei allen Divisionen zur Verwendung ge- 
kommen. 
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