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§. 648.
Auch ohne Antrag sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären:
1. Urtheile, welche auf Grund eines Anerkenntnisses eine Verurtheilung
aussprechen (§. 278);
2. Urtheile, welche den Eintritt der in einem bedingten Endurtheile aus=
gedrückten Folgen aussprechen;
3. ein zweites oder ferneres in derselben Instanz gegen dieselbe Partei
zur Hauptsache erlassenes Versäumnißurtheil;
4. Urtheile, welche im Urkunden= oder Wechselprozesse erlassen werden;
5. Urtheile, durch welche Arreste oder einstweilige Verfügungen aufgehoben
werden;
6. Urtheile, welche die Verpflichtung zur Entrichtung von Alimenten aus=
sprechen, soweit die Alimente für die Zeit nach der Erhebung der
Klage und für das diesem Zeitpunkte vorausgehende letzte Vierteljahr
zu entrichten sind.
§. 649.
Urtheile sind auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn sie
betreffen:
1. Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungs- und
anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung der=
selben sowie wegen Zurückhaltung der vom Miether in die Mieths=
räume eingebrachten Sachen;
2. Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeit=
gebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- und Arbeitsverhältnisses,
sowie die im §. 108 der Gewerbeordnung bezeichneten Streitigkeiten,
insofern dieselben während der Dauer des Dienst-, Arbeits- oder Lehr-
verhältnisses entstehen;
3. Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirthen, Fuhrleuten, Schiffern,
Flößern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen,
welche über Wirthszechen, Fuhrlohn, Ueberfahrtsgelder, Beförderung
der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung
der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern,
welche aus Anlaß der Reise entstanden sind;
4. andere vermögensrechtliche Ansprüche, sofern der Gegenstand der Ver=
urtheilung an Geld oder Geldeswerth die Summe von dreihundert
Mark nicht übersteigt; in Betreff des Werthes des Gegenstandes
kommen die Vorschriften der S§. 3—9 zur Anwendung.
§. 650.
Urtheile sind auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn
glaubhaft gemacht wird, daß die Aussetzung der Vollstreckung dem Gläubiger einen
schwer zu ersetzenden oder einen schwer zu ermittelnden Nachtheil bringen würde,
oder wenn sich der Gläubiger erbietet, vor der Vollstreckung Sicherheit zu leisten.