Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 56. 
Unbeeidigt sind zu vernehmen: 
1. Personen, welche zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr 
noch nicht vollendet oder wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen 
Verstandesschwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eides keine 
genügende Vorstellung haben; 
2. Personen, welche nach den Bestimmungen der Strafgesetze unfähig sind, 
als Zeugen eidlich vernommen zu werden; 
3. Personen, welche hinsichtlich der den Gegenstand der Untersuchung 
bildenden That als Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler verdächtig 
oder bereits verurtheilt sind. 
§. 57. 
Stehen Personen zu dem Beschuldigten in einem Verhältnisse, welches sie 
nach §. 51 zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, so hängt es von dem 
richterlichen Ermessen ab, ob sie unbeeidigt zu vernehmen oder zu beeidigen sind. 
Dieselben können auch nach der Vernehmung die Beeidigung des Zeug= 
nisses verweigern und sind über dieses Recht zu belehren. 
§. 58. 
Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen 
zu vernehmen. 
Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten 
findet im Vorverfahren nur dann statt, wenn sie ohne Nachtheil für die Sache 
nicht bis zur Hauptverhandlung ausgesetzt bleiben kann. 
§. 59. 
Vor der Leistung des Eides hat der Richter den Zeugen in angemessener 
Weise auf die Bedeutung des Eides hinzuweisen. 
§. 60. 
Jeder Zeuge ist einzeln und vor seiner Vernehmung zu beeidigen. Die 
Beeidigung kann jedoch aus besonderen Gründen, namentlich wenn Bedenken 
gegen ihre Zulässigkeit obwalten, bis nach Abschluß der Vernehmung ausgesetzt 
werden. 
 
  
§. 61. 
Der vor der Vernehmung zu leistende Eid lautet: 
daß Zeuge nach bestem Wissen die reine Wahrheit sagen, nichts ver= 
schweigen und nichts hinzusetzen werde; 
der nach der Vernehmung zu leistende Eid lautet: 
daß Zeuge nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt, nichts ver= 
schwiegen und nichts hinzugesetzt habe. 
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