Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 246. 
Das Gericht kann den Angeklagten, wenn zu befürchten ist, daß ein Mit= 
angeklagter oder ein Zeuge bei seiner Vernehmung in Gegenwart des An= 
 geklagten die Wahrheit nicht sagen werde, während dieser Vernehmung aus dem 
Sitzungszimmer abtreten lassen. Der Vorsitzende hat jedoch den Angeklagten, 
sobald dieser wieder vorgelassen worden, von dem wesentlichen Inhalt desjenigen 
zu unterrichten was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt 
worden ist. 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn das Gericht wegen ordnungs= 
widrigen Benehmens des Angeklagten zeitweise dessen Entfernung aus dem 
Sitzungszimmer angeordnet hat. 
§. 247. 
Die vernommenen Zeugen und Sachverständigen dürfen sich nur mit Ge= 
nehmigung, oder auf Anweisung des Vorsitzenden von der Gerichtsstelle ent= 
fernen. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind vorher zu hören. 
§. 248. 
Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke werden in 
der Hauptverhandlung verlesen. Dies gilt insbesondere von früher ergangenen 
Strafurtheilen, von Straflisten und von Auszügen aus Kirchenbüchern und Per= 
sonenstandsregistern und findet auch Anwendung auf Protokolle über die Ein= 
nahme des richterlichen Augenscheins. 
§. 249. 
Beruht der Beweis einer Thatsache auf der Wahrnehmung einer Person, 
so ist die letztere in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung 
darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung ausfgenommenen 
Protokolls oder einer schriftlichen Erklärung ersetzt werden. 
§. 250. 
Ist ein Zeuge, Sachverständiger oder Mitbeschuldigter verstorben oder in 
Geisteskrankheit verfallen, oder ist sein Aufenthalt nicht zu ermitteln gewesen, so 
kann das Protokoll über seine frühere richterliche Vernehmung verlesen werden. 
Dasselbe gilt von dem bereits verurtheilten Mitschuldigen. 
In den im §. 222 bezeichneten Fällen ist die Verlesung des Protokolls 
über die frühere Vernehmung statthaft, wenn letztere nach Eröffnung des Haupt= 
verfahrens, oder wenn sie in dem Vorverfahren unter Beobachtung der Vor= 
schriften des §. 191 erfolgt ist. 
Die Verlesung kann nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet, auch muß 
der Grund derselben verkündet und bemerkt werden, ob die Beeidigung der ver= 
nommenen Personen stattgefunden hat. An den Bestimmungen über die Noth= 
wendigkeit der Beeidigung wird hierdurch für diesenigen Fälle, in denen die 
nochmalige Vernehmung ausführbar ist, nichts geändert.
	        
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