Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

— 309 — 
Ergiebt sich Anlaß zur Aenderung oder Ergänzung der Fragen, so muß 
der Angeklagte zur Verhandlung zugezogen werden. 
§. 307. 
Der Spruch ist von dem Obmann neben den Fragen niederzuschreiben 
und von ihm zu unterzeichnen.  
Bei jeder dem Angeklagten nachtheiligen Entscheidung ist anzugeben, daß 
dieselbe mit mehr als sieben Stimmen, bei Verneinung der mildernden Umstände, 
daß dieselbe mit mehr als sechs Stimmen gefaßt worden ist. Im Uebrigen 
darf das Stimmenverhältniß nicht ausgedrückt werden. 
§. 308. 
Der Spruch ist im Sitzungszimmer von dem Obmann kund zu geben. 
Der Obmann spricht die Worte: 
„Auf Ehre und Gewissen bezeuge ich als den Spruch der Geschworenen“ 
und verliest die gestellten Fragen mit den darauf abgegebenen Antworten. 
Der verlesene Spruch ist von dem Vorsitzenden und dem Gerechtsschreiber 
zu unterzeichnen. § 309. 
Erachtet das Gericht, daß der Spruch in der Form nicht vorschriftsmäßig 
oder in der Sache undeutlich, unvollständig oder sich widersprechend sei, so 
werden die Geschworenen von dem Vorsitzenden aufgefordert sich in das Be= 
rathungszimmer zurückzubegeben, um dem gerügten Mangel abzuhelfen. 
Diese Anordnung ist zulässig so lange das Gericht noch nicht auf Grund 
des Spruchs das Urtheil verkündet hat. . 
§. 310. 
Sind nur Mängel in der Form des Spruchs zu berichtigen, so darf eine 
sachliche Aenderung nicht vorgenommen werden.  
§. 311. 
Sind sachliche Mägel des Spruchs zu berichtigen,  so sind die Geschwo= 
renen beei ihrer erneuten Berathung an keinen Theil ihres früheren Spruchs 
gebunden. 
Ergiebt sich bei der Erörterung solcher Mängel Anlaß zur Aenderung 
oder Ergänzung der Fragen, so muß der Angeklagte zur Verhandlung zugezogen 
werden. 
§. 312. 
Der berichtigte Spruch ist in der Weise niederzuschreiben, daß der frühere 
erkennbar bleibt. 
§. 313. 
Der Spruch der Geschworenen wird dem Angeklagten, nachdem er in das 
Sitzungszimmer wieder eingetreten ist, durch Verlesung verkündet. 
Reichs-Gesetzbl. 1877. 42
	        
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