Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 28. 
Eine im Auslande zu bewirkende Zustellung des Urtheils erfolgt mittelst 
Ersuchens eines deutschen Seemannsamts. Die Einlegung und Rechtfertigung 
der Beschwerde kann alsdann bei demselben Seemannsamt geschehen. Das= 
selbe kann dem Schiffer oder Steuermann auf Antrag die Frist für Recht= 
fertigung der Beschwerde verlängern und der Einlegung der Beschwerde auf= 
schiebende Wirkung bis spätestens zur Ankunft des Beschwerdeführers in einem 
deutschen Hafen einräumen. 
  
§. 29. 
Das Ober- Seeamt bildet eine kollegiale Behörde und besteht aus einem 
Vorsitzenden, auf welchen die Bestimmungen des §. 7 Absatz 2 Anwendung 
finden, und sechs Mitgliedern, von welchen letzteren wenigstens drei der Schiffahrt 
kundig sein muͤssen. Vorsitzende und ein schiffahrtskundiger Beisitzer werden 
von dem Kaiser ernannt. Für das Amt der übrigen Beisitzer bringen die 
Regierungen der Bundes-Seestaaten je drei sachkundige Personen in Vorschlag. 
Der Vorschlag gilt für je drei Jahre, nach Ablauf deren ein neuer Vorschlag 
z machen ist. Aus der Gesammtzahl der Vorgeschlagenen wählt der Vor= 
sitzende für jeden Beschwerdefall fünf Beisitzer aus, beruft dieselben ein und 
beeidiget sie auf die Erfüllung der Obliegenheiten ihres Amts. Die Beisitzer 
erhalten aus der Reichskasse Ersatz ihrer Reisekosten und Tagegelder, deren 
Höhe der Reichskanzler bestimmt. Die Vorschriften des §. 12 finden auf die 
Mitglieder des Ober-Seeamts entsprechende Anwendung. 
Das Ober-Seeamt faßt seine Beschlüsse nach Stimmenmehrheit. Die außer= 
halb der Hauptverhandlung erforderlichen Verfügungen werden vom Vorsitzenden 
erlassen. 
§. 30. 
Das Ober- Seeamt kann eine Ergänzung oder Wiederholung der Beweis= 
aufnahme vornehmen oder anordnen. Die in §§. 18—24 enthaltenen Be= 
stimmungen über das Verfahren bei den Seeämtern finden auf das Ober- Seeamt 
Anwendung. 
Der Vorsitzende kann ein Mitglied des Ober- Seeamts mit der Darstellung 
der bisherigen Verhandlungen und Ermittelungen beauftragen. 
 § .31. 
Das Ober- Seeamt verhandelt und entscheidet in öffentlicher Sitzung nach 
erfolgter Ladung und Anhörung des Beschwerdeführers und seines Gegners. 
Die Entscheidung hat sich auch darüber auszusprechen, ob dem Beschwerde= 
führer die baaren Auslagen des Beschwerdeverfahrens zur Last zu legen sind. 
§. 32. 
Die Entscheidung des Ober- Seeamts, welche mit Gründen versehen sein 
muß, ist dem Beschwerdeführer und seinem Gegner in Ausfertigung zuzustellen.
	        
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