Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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richtlich zu verfolgen, und der Einzelstaat sich einem solchen Beginnen 
gegenüber zustimmend verhalten, obwohl er in erster Linie durch die 
Verkündung eine Erfüllungspflicht übernommen hat, so müßte das 
Reich notgedrungen zur Erzwingung der dem rechtsuchenden Angehörigen 
der französischen Republik zustehenden Rechte zu Maßnahmen sich ge- 
zwungen sehen, die eine greifbare Form nur in der Exehution an- 
nehmen könnten. 
Es ist den bisherigen Ausführungen jederzeit der Gedanke zu- 
grunde gelegen, daß der Einzelstaat, dem eine Verletzung seiner ver- 
fassungsmäßigen Bundespflichten zur Last gelegt wird, diese Verletzung 
mit Wissen und Willen oder zum mindesten aus Fahrlässigkeit herbei- 
führt. Davon scharf zu trennen wäre der Fall, wenn den Einzelstaat 
oder seine Organe bei der Verletzung einer Bundespflicht kein Ver- 
schulden trifft, sei es in der Weise, daß seine Machtmittel nicht aus- 
reichend sind, einer Gehorsamsverweigerung, die etwa von den einzelnen 
Untertanen ausginge, wirksam entgegenzutreten, sei es, daß er auch 
trotz der ihm möglichen Erfüllung der an ihn herantretenden Verbind- 
lichheiten in unverschuldete Verzögerung seiner ihm gegen das Reich 
obliegenden Verpflichtungen gerät. Der rechtliche Unterschied zwischen 
beiden Möglichkeiten ist für die Entscheidung, ob eine Bundespflicht 
verletzt worden ist, ohne jegliche Bedeutung; denn die Reichsverfassung 
kennt bei der Frage nach den Exekutionsvoraussetzungen keinen Unter- 
schied in dieser Beziehung. 
Wir kommen also zu dem Schlusse, daß jede Bundespflicht in 
ihrer Verletzung die Exehkution rechtlich begründen kann. 
Mit den Worten „nicht erfüllen“ will die Verfassung nicht nur 
eine Verweigerung, sondern schon eine nicht rechtzeitige Erfüllung einer 
verfassungsmäßigen Bundespflicht, wie sie sich z. B. in dem nicht recht- 
zeitigen Eingange der Matrihularbeiträge darstellen hönnte, verstanden 
wissen. Daß auch eine nicht gehörige, nicht vollständige Erfüllung unter 
den gleichen Gesichtspunkt fällt, bedarf als selbstverständlich keiner 
weiteren Ausführung. Auch durch die Art und Weise der Verletzung 
der Bundespflichten ist das Exehutionsrecht des Reiches nicht bedingt. 
Sie kann bestehen in einer Handlung oder Unterlassung.!) Die Ver- 
letzung der Bundespflicht kann durch ein direhtes Entgegenwirken 
verwirklicht werden, wenn das Bundesglied durch Vornahme eines 
gesetzgeberischen Abtes in bewußten oder unbewußten Gegensatz zum 
Reiche tritt, z. B. durch Einführung eines einem Reichsgesetze wider- 
sprechenden Landesgesetzes und dessen Durchführung trotz des im Art. 2 
der Reichsverfassung ausgesprochenen Grundsatzes, daß Reichsgesetze 
den Landesgesetzen vorgehen. 
Die Verletzung der Bundespflicht erfolgt durch eine Unterlassung 
in den Fällen, in welchen das Reich oder die Organe der Reichs- 
gewalt ein Handeln seitens des Gliedstaates verfassungsmäßig ver- 
  
) Hänel S. 447.
	        
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