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welches auch der Polemik allmälig jeden festen Halt zu entziehen
droht.
Die legitimistische Theorie ist vor Allem darin mangelhaft, daß
sie nur eine einzige Staatsform berücksichtigt. Dieser Mangel er-
klärt sich durch ihren Ursprung: entstanden aus einem praktischen
Interesse, der Rechtfertigung der Restauration des Bourbonischen
Königshauses nach einer 21jährigen Besitzunterbrechung und einer
radikalen Umwälzung aller öffentlichen Verhältnisse Frankreichs 33),
faßte sie nur die nächstliegende Art, in welche der vorliegende con-
crete Fall einzureihen war, in das Auge; es kam hiezu eine tiefge-
wurzelte, durch die noch nicht geheilten Wunden der französischen
Revolution wohl erklärbare Abneigung gegen die Republik. Im
Lauf der Zeit sind verschiedene Versuche gemacht worden, diese Lücke
zu ergänzen oder wissenschaftlich zu begründen. Die Begründungen
stützen sich darauf, daß das Volk in der Republik seiner Herrschaft
selbst nur einen thatsächlichen Charakter zuschreibe 83), oder daß in
der Republik ein genau bestimmtes öffentliches Recht nicht möglich
seis.); aber die Republiken, wenn auch in ihren rein demokratischen
Ausbildungen vielfachen Erschütterungen Preis gegeben, zeigen an-
dererseits in ihren mehr aristokratischen Verfassungen oft eine außer-
ordentliche Festigkeit des Rechts; alle machen Anspruch darauf, eine
rechtmäßige Staatsform zu sein, und die Geschichte zeigt uns, daß
oft schon ein souveraines Volk einem Usurpator gegenüber sein
Recht siegreich wiederhergestellt hat. Diejenigen, welche eine An-
wendung des legitimistischen Princips auf alle Staatsformen befür-
worten, versuchen entweder der Erbmonarchie einen Vorzug zu ret-
ten durch Annahme einer zwiefachen Art der- Legitimität — einer
32) Benjamin Constant hatte in seiner oben erwähnten Schrift, die im Jan.
1814 erschien, das Wort „Legitimität“ wohl öfter gebraucht, aber weder eine
direkte Anwendung auf die Bourbons gemacht, noch eine Theorie der Legitimität
aufgestellt (diese fügte er erst in der vierten Ausgabe hinzu). Aber schon in der
Proklamation, welche Kaiser Alerander im Namen der Alliirten nach der Ein-
nahme von Paris erließ (31. März 1814), und die von Talleyrand entworfen
war, wurde „Napoleon Bonaparte“ den legitimen Königen Frankreichs entgegen-
gesetzt; am folgenden Tage forderte der Pariser Stadtrath auf. „d’abjurer toute
obéissance envers P’usurpateur pour retourner à ses maftres UéGgitimes“
(Viel-Castel 1. c., S. 204 u. 216).
33) Zöpfl, I, §& 202 V.
34) Vgl. Held, Staat und Gesellschaft, II, S. 731—732; Derselbe, Ueber
Legitimität, S. 43.