Full text: Die Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt. Erste Abtheilung. (1)

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verhältniß zu ihm träten, während sie doch Unterthanen des Staates 
Mitglieder des Volkes blieben. Wenn aber der bisherige Souverain, 
weil er im Ausland weilt, sein Herrschaftsrecht behält, so muß auch 
das Volk ihm zum Gehorsam verpflichtet bleiben; denn sonst wäre 
ein Recht vorhanden, dem gar keine Verpflichtung entspräche, was 
dem Begriffe des Rechts zuwider ist 71). 
III. Ein neuerer, Beistreicher Schriftsteller über Politik hat sich 
außerordentliche Mühe gegeben, zu zeigen, daß für alle Obrig- 
keit die Macht Quelle des Rechts sein müsse 78). Bei einer 
Kritik dieser Lehre sehen wir ab von einzelnen Anklängen an den 
Grundsatz der Sophisten 73) und des angeblichen Restaurators der 
Staatswissenschaften 7“#), daß nur das Recht des Stärkeren gelte; 
dieser Grundsatz scheint uns keiner Widerlegung zu bedürfen. Im 
Ganzen vielmehr geht Fröbel von einer würdigen Anschauung des 
Verhältnisses zwischen Recht und Macht aus; die Macht ist nach 
ihm die politische Thatsache, das Recht das politische Princip '8); 
die Macht ist ein kulturmäßiger und sittlicher Begriff, sie dient, wie 
das Recht, vernünftigen Zwecken 76); erst durch die Anerkennung 
der Zweckgemeinschaft zwischen dem Machthaber und den Unter- 
worfenen wird die Macht zum Recht 77). Aber der Staat, behauptet 
F., kann neben dem Princip des Rechts das Princip der Autorität, 
neben der Legalität die Legitimität, nicht entbehren; es muß von 
Anfang an klar werden, daß das Dasein der Obrigkeit über dem 
willkürlichen Entschlusse der Menschheit steht; dies ist nur möglich, 
wenn die Obrigkeit einen thatsächlichen Ursprung hat, der wiederum 
  
71) Zöpfl scheint freilich anzunehmen, daß das Herrschaftsrecht des legitimen 
Souverains sich in ein Forderungsrecht gegen den Usurpator auf Herausgabe 
der Staatsgewalt verwandelt (§K 204 II, 6 207 V); aber die Annahme einer 
solchen Verwandelung läßt sich, so lange das Objekt der Herrschaft noch eristirt, 
aus allgemeinen juristischen Gründen nicht rechtfertigen. 
72) Fröbel, Theorie der Politik, passim. Besonders zu vergleichen sind 
Buch 1, Cap. 3 und 4; Buch 3, Cap. 8. 
73) Hildenbrand, 1. c. S. 70 ff., bes. S. 78—79. 
74) K. L. von Haller, Restauration der Staatswissenschaften, 2te Aufl., 
6 Bde., Winterthur 1820. 
795) Fröbel, I, S. 2. 
76) I, S. 22. Vgl. jedoch II, S. 65—66, wonach es für die „Frage der 
Achtbarkeit“ gleichgiltig ist, ob die Zwecke gut oder böse sind, wenn nur die 
Mittel da sind, um sie auszuführen. Ueberhaupt tritt in dem zweiten Band zu- 
weilen ein gewisser Cynismus hervor, den man in dem ersten nicht bemerkt. 
77) I, S. 22—23, S. 96. — Vgl. unten 3 10.
	        
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