Full text: Die Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt. Erste Abtheilung. (1)

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dauer durch die Willkür eines andern Subjekts bedingt ist, muß 
selbstverständlich, um den Verlust seiner Herrschaft zu vermeiden, 
den Inhalt aller seiner Verfügungen diesem fremden Willen an- 
passenF so wird seine Stellung selbst unter die eines gewöhnlichen 
Beamten, der nicht willkürlich entsetzt werden darf, herabgedrückt. 
Die unbeschränkte Widerruflichkeit der Staatsgewalt ist dem prakti- 
schen Erfolge nach kaum verschieden von der Unveräußerlichkeit der 
Staatsgewalt "5). Ferner begreift man nicht, weshalb die virtuelle 
Souverainität allein den Regierten, ohne jeden Antheil der Regie- 
renden, zustehen soll; zu der Gesammtheit der Bürger (der Staats- 
genossen) gehören die letzteren doch gewiß ebenso wie die ersteren; 
ist dies aber der Fall, so muß auch ihre Stimme bei der Frage der 
Entziehung ihrer Herrschaft von Rechtswegen berücksichtigt wer- 
den “5). 
III. Alle unter I. angeführten Argumente sprechen auch gegen 
Diejenigen, welche zwar nicht dem Volkswillen die unbedingte Be- 
fugniß einräumen, den Träger der Herrschaft zu ändern, aber auf 
Grund der latenten Volkssouverainität unter bestimmten Voraus- 
setzungen ein solches Recht des Volkes anerkennen. Eine nähere Be- 
trachtung wird zudem darthun, daß diese Voraussetzungen selbst 
theils willkürlich, theils mit dem Wesen der Souverainität unver- 
einbar sind. 
1. Schon von Locke ½) ist behauptet, in neuerer Zeit½) wie- 
  
limitée et révocable.“ Noch entschiedener Baudrillart (I. c. S. 941): 8Si le 
bouvoir vient de la nation, elle peut reprendre ce qu’elle a donné et le 
transporter ailleurs. Urn peuple peut avoir tort ou raison de changer 
sa forme de gouvernement, et il faudrait plaindre les nations qui change- 
raient pour changer sans motif suffisant. Mais ce qui n’est pas dou- 
teux, e'est qufune nation est maftresse dechanger, duel due 
soit Fusage qu'elle fasse de sa liberté.“ 
145) Die Bekämpfer der Volkssouverainität unterscheiden daher selten genau 
diese beiden Auffassungen. Vgl. z. B. Mohl, Encyklopädie, S. 108—109, 111 
—112; H. A. Zachariä, & 18 II; Zöpfl, I, & 51; Bluntschli, II, S. 5—8 
((edoch auch S. 14). 
146) Diesem Einwurf begegnet Sismondi I. c., indem er die Souverainität 
oder vielmehr ein über alle Verfassung und Souverainität erhabenes Recht dem 
Volke nur insoweit zuschreibt, als dasselbe einstimmig sei; deshalb seien Revolu- 
tionen erst legitim, wenn die Minoritäten sich freiwillig unterworfen hätten. 
147) 0f eivil government & 198, & 212—220. 
148) v. Rotteck, S. 477—78, 480; Ahrens, S. 168—169, 197—198. Wäh- 
rend der Erstere eine schon geschehene (rechtswidrige) Verfassungs= oder Dynastien-=
	        
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