Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Anhang. Anlage Nr. 8. 233 
nicht um deswillen gefordert werden, weil dem Kläger das Gesetz nicht 
bezeichnet sei, auf Grund dessen die Ausweisung ausgesprochen wurde. 
Kein Gesetz bezeichnet das vom Kläger verlangte Verfahren als ein 
wesentliches Erfordernis der hier fraglichen polizeilichen Anordnungen. 
Eine analoge Anwendung des vom Kläger in bezug genommenen § 266 
der Reichsstrafprozeßordnung auf den Erlaß dieser Verfügungen findet 
nicht statt. Nicht darauf kommt es an, daß dieselben auf ein zutreffendes 
Gesetz oder ein Gesetz überhaupt verweisen, sondern darauf, daß sie 
objektiv gesetzlich begründet sind. Dasselbe gilt von den tatsächlichen 
Voraussetzungen, welche nach Maßgabe des Gesetzes der Verfügung zu- 
grunde liegen müssen, um sie rechtlich zulässig erscheinen zu lassen. 
In letzterer Hinsicht verweist die Klage auf jenen Ministerialerlaß 
vom 14. Dezember 1860, in welchem hervorgehoben ist, daß die fragliche 
Ausweisungsbefugnis nicht etwa in jedem Falle, wo sie vorhanden, auch 
angewandt werden müßte, vielmehr das Gesetz besondere Gründe voraus- 
setze, welche ihre Ausübung im einzelnen Falle begründeten. Diese 
Rechtsauffassung ist unzweifelhaft gesetzlich wohlbegründet, dieselbe aber 
auch insofern von dem Beklagten nicht unberücksichtigt gelassen worden, 
als das Königliche Polizeipräsidium schon in einem Berichte vom 23. Ok- 
tober 1882 über die Beschwerde des Klägers darauf hingewiesen hatte, 
daß die besonderen Verhältnisse der Stadt Berlin die verhängte Maß- 
nahme erheischten; außerdem ist demnächst noch die Natur der dem 
Kläger zur Last fallenden Straftat betont worden, welche ihn als für 
die öffentliche Sicherheit und Moralität gefährlich erscheinen ließe. Für 
die Handhabung der Rechtskontrolle im Streitverfahren muß es zur 
Aufrechterhaltung der angefochtenen Verfügung genügen, daß diese 
Gründe nicht außerhalb des durch das Gesetz für die tatsächliche Be- 
gründung einer Ausweisungsverfügung gezogenen Rahmens liegen. Die 
Prüfung, ob sie gewichtig genug sind, um die verfügte Ausweisung 
unerläßlich erscheinen zu lassen, steht nur der Beschwerdeinstanz und den 
Aussichtsbehörden, nicht aber dem Richter im Streitverfahren zu. Aus 
demselben Gesichtspunkte kann auch der Hinweis des Klägers darauf, 
daß ihn die Ausweisung aus einem ehrlichen Erwerbe, wie er denselben 
zu Berlin gefunden, von neuem in Not und Verlegenheit versetze, nicht 
berücksichtigt werden. — So gewiß auch ein derartiges Moment bei der 
Handhabung des § 2 a. a. O. Berücksichtigung finden kann, so kommt 
dasselbe doch lediglich für die Erwägung der Angemessenheit der ange- 
fochtenen Verfügung in Betracht und scheidet mit Rücksicht hierauf für 
die freie Beurteilung des Verwaltungsrichters aus. Es mußte daher hier 
auch dahingestellt bleiben, ob und wie weit dieser Einwand des Klägers 
tatsächlich begründet ist, vielmehr war auf Abweisung der Klage zu 
erkennen.
	        
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