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gestellt (Art. 50 das). Die Postbeamten der letzteren Kategorie erhalten also Recht und Pflicht zu und aus
ihrem Amt von der sie anstellenden Landesregierung; deshalb sind sie zunächst deren dienstlichen Anord-
nungen gleich den übrigen Landesbeamten unterworfen, und ihre dienstliche Stellung ist von der der übrigen
Landesbeamten nur insofern abweichend, als sie außerdem den Weisungen der zuständigen Reichsbehörden
unterstellt sind oder Reichsgesetze ihre Rechtsstellung geregelt haben.
Namentlich zur Zeit der Errichtung des Norddeutschen Bundes war die Festhaltung der Postbeamten
in ihren bisherigen Dienslpflichten unumgänglich. Mit der Uebertragung der Gesetzgebung über das Postwesen
und der oberen Leitung der Postverwaltung auf den Bund, sowie mit der Erklärung der Postanstalten für
Bundesbehörden war der Uebergang aller aktuell fungirenden Postbeamten in den Bundesdienst gegeben. Aber
abgesehen von der oberen Leitung behielt der bisherige territoriale Postdienst Bestand und Fortgang. Noth-
wendiger Weise verblieb es also auch bei den für diesen Dienst und die in demselben Angestellten bestehenden
gesetzlichen Ordnungen. Weder der Bund noch die Territorialregierungen hälten die Postverwaltung führen
können mit Beamten, die in der großen Mehrzahl bloß vermöge des Uebergangs der oberen Leitung der Post
verwaltung auf den Bund von den Disziplinarordnungen befreit gewesen wären, deren keine Staatsverwaltung
zur Erhaltung, Kontrole und Erneuerung eines tauglichen Personals entbehren kann, und gleicherweise wäre für
diese Postbeamten selbst eine Lage unannehmbar gewesen, die ihnen bloß vermöge ihrer Unterstellung unter die
ressortmäßigen Anordnungen des Bundes den blsherigen Rechtsschutz in Ansehung ihrer dienstlichen Rechte und
Pflichten entzogen hätte. Nur für diejenigen Postbeamten, welche für den eigentlichen und direkten Bundes-
dienst (alin. 4 des Art. 50 der Verfassung) vom Bundespräsidium neu angestellt oder übernommen wurden,
konnte die Fortdauer der Rechte und Pflichten aus ihrer bisherigen Beamtenqualilät zweifelhaft werden, und
namentlich für diejenigen unter ihnen, welche bisher Landesbeamte nicht waren, ward gesetzliche Regelung ihrer
disziplinaren Stellung nothwendig.
Entsprechend dieser Unterscheldung nannte schon das Bundesgesetz vom 3. Dezember 1867 in seine
Ueberschrift dle im Art. 50 alin. 4 der Verfassung beselchneten Beamten die unmittelbaren Bundesbeamten;
nur für sie wurde ein besonderer, dem Bundespräsidlum allein Gehorsam gelobender Diensteid vorgeschrieben.
Für die übrigen, nämlich die mittelbaren Bundesbeamten,
vgl. Koller, Archio des Deutschen Reichs. Neue Folge. Bd. I. S. 582 (auch als Separat
abdruck unter dem Titel: Das Recht der deutschen Reichsbeamten, von Kannegießer, S. 22,
verblieb es bei dem zunächst ihrem Landesherrn zu leistenden Diensteide, in den jedoch (Art. 50 alin. 3
der Verfassung) das Gelöbniß der Folgeleistung gegen die Anordnungen des Bundespräsidiums zusätzlich auf
zunehmen war. «
Entsprechend ferner dieser Unterscheidung hat der Vertreter des Bundeskanzler bei der Beratung des
dem Reichstage 1868 vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Bundesbeamten an-
erkannt, daß die mittelbaren Bundesbeamten zunächst als Landesbeamte anzusehen (Stenographische Be-
richte S. 566). Den gleichen Standpunkt hat der Bundeskanzler selbst, als es sich um die gesetzlichen Steuer-
eremtionen der von der preußischen Regierung angestellten Postbeamten handelte, gegenüber der preußischen
Regierung vertreten, und auch letztere, nämlich der Minister des Innern in seinem Erlaß vom 9. Juli 1869,
hat sich dieser Auffassung angeschlossen und ausdrücklich ausgesprochen:
daß die mlttelbaren Bundesbeamten, insbesondere die nach Art. 50 alin. 5 der Verfassung
von der Landekrezierung anzustellenden Postbeamten der Landesregierung in Bezug
Disziplin, Entlassung, Pensionirung erc. untergeordnet geblieben sind.
Ministerial-Blatt für die preußische innere Verwaltung. 1869. S. 161.
Gleicherweise endlich hat auch das preußische Kammergericht entschieden, daß ein preußischer Postsekretär
zwar mittelbarer Beamter des Norddeutschen Bundes, aber unmittelbarer Beamter des preußischen Staates ist.
Ministerial-Blatt für die preußische innere Verwaltung. 1870. S. 52. (Erkenntniß vom
1. November 18697).
*) Im Wesentlichen Übereinstimmend hat der 11. Senat des Reichs-Oberhandelsgerichts am 5. März 1874 in Sachen der
Kaiserlichen Postverwaltung für das Großherzogthum Hessen contra den Postexpeditor Kösler (Rep. 93/74) erkannt.