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in Erwägung, daß hiernach nur die unter der Rubrik
c) Beköstigung der Kranken und Bediensteten,
d) Medikamente und besonderer Kuraufwand,
aufgeführten Summen sich als solche ergeben, welche der Natur der Sache nach ohne Weiteres
einer durchschnittlichen Vertheilung auf sänmnsriche im Krankenhause Verpflegte fähig sind,
daß diese Summen, reduzirt durch die am Schluß der Zusammenstellung angegebene Ge-
sammtzahl der Verpflegungstage, einen durchschnittlichen Kostenaufwand von circa 8 1/2 Sgr.
ergeben, «
daß hier nach u.s.w. (Folgt die Festsetzung nach dem Satze von 8 1/2 Sgr. pro Tag)
Der Landarmenverband von Schlesien und Glatz weigerte sich, dem Ortsarmenverband von Beuthen
Ober-Schl. die Kosten für saure Gurken und Sauerkraut zu erstatten, welche einem Skorbutkranken auf ärzt-
liche Verordnung gereicht waren. Das Bundesamt hat diese Weigerung aus folgenden Gründen (Erkennt-
niß vom 25. September 1875) für nicht gerechtfertigt erachtet:
Der behandelnde Arzt hat bescheinigt, daß dem in der Zeit vom 25. Juli bis 21. November
1874 verpfleglen Arbeiter R. neben der vollen Krankenkost rohes Sauerkraut und gesäuerte Gur-
ken als Arzneimittel gegeben sind. Hiernach muß im vorliegenden Falle die Verabreichung der
gedachten Nahrungsmittel als zur ärztlichen Behandlung gehörend angesehen werden. Da der
Verklagte zugegeben hat, daß es sich um eine schwere Krankheit gehandelt hat, bei welcher die
besondere Liquidirung erheblicher Mehrausgaben zulässig ist, so unterlag es keinem Bedenken, die
Kosten der gedachten Nahrungsmittel dem Verklagten auszuerlegen. Die Unterscheidung zwischen
ärztlicher Behandlung im weiteren und engeren Sinne macht das Gesetz nicht, jedenfalls würde
die Frage, ob die Verordnung von Sauerkraut und gesäuerten Gurken die Verordnung eines
Arzneimittels oder eines „diätetischen Beköstigungsmittels“ ist, unbedenklich der Entscheidung des
Richters unterliegen, weshalb die vom Verklagten beantragte gutachtliche Vernehmung des
Medizinalraths Dr. W. unzulässig war.
Wem ein Landarmer bei dem Auskritt aus einer Heilanstalt, in welche er freiwillig eingetreten war,
hülfsbedürftig ist, so hat derjenige Landarmenverband für ihn zu sorgen, in welchem die Heilanstalt liegt.
Dies hat das Bundesamt gegen die Ansicht des ersten Richters in Sachen des Landarmenverbandes von
Alt-Pommern wider den Ortsarmenverband Greifswald, am 25. September 1875 angenommen und
folgendermaßen begründet:
Nach §. 30.b. des Reichsgesetzes ist derjenige Landarmenverband zur Kostenerstattung ver-
pflichtet, in dessen Bezirk sich der Landarme bei dem Eintritte der Hülfsbedürftigkeit befand, oder
falls er in hülfsbedürftigem Zustande aus einer Straf-, Kranken-, Bewahr= oder Heilanstalt ent-
lassen wurde derjenige Landarmenverband, aus welchem seine Einlieferung in die Anstalt
erfolgt ist.