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I nstruktion
zur
Strandungsordnung.
§. 1.
Wenn ein Schiff vor der deutschen Küste oder in deutschen Gewässern in Seenoth geräth, sind die
Strandvögte der benachbarten Bezirke gleichmäßig verpflichtet, die erforderlichen Vorkehrungen zur Rettung
von Menschenleben, sowie zur Bergung und Hilfsleistung zu treffen. Die Leitung des Verfahrens steht für
die ganze Dauer desselben demjenigen Strandvogt zu, welcher zuerst das Schiff betritt.
Die Fürsorge für die geborgenen Gegenstände liegt der Strandbehörde ob, in deren Bezirk dieselben
gelandet werden.
§. 2.
So lange ein Schiff sich in Seenoth befindet, ist es dem Strandvogt unbedingt verboten, mit dem
Schiffer einen Vertrag über die Höhe des Berge= oder Hilfslohns abzuschließen.
§. 3.
Der Werthbetrag der Sicherheitsbestellung, welche im Falle des §. 8 der Strandungsordnung vom
17. Mai 1874 zu beanspruchen ist, darf vom Strandvogt höchstens auf den dritten Theil des Werths der
unter seiner Leitung geborgenen Gegenstände bemessen werden.
Wird die Sicherheit durch Hinterlegung von Geldern oder Werthpapieren bestellt, so sind dieselben
unverzüglich an das Strandamt abzuliefern.
§. 4.
Die Polizeibehörden sind verpflichtet, den Strandbehörden auf Verlangen in allen Maßregeln ohne
Verzug Beistand zu leisten, welche im Falle einer Seenoth zur Rettung von Menschenleben, sowie zur Bergung
oder Hilfsleistung dienlich sind.
§. 5.
Den Rhedern und Versicherern eines in Seenoth gerathenen Schiffes, sowie den Absendern, Empfängern
und Versicherern der Ladung desselben steht es frei, sich an der Bergung oder Hilfsleistung durch Gestellung
von Fahrzeugen, Mannschaften u. s. w. zu betheiligen. Sie haben dabei jedoch den Anordnungen des Strand-
vogts Folge zu leisten, welcher ungeeignete oder seinen Anweisungen zuwiderhandelnde Personen von der
Betheiligung auszuschließen berechtigt ist.
§. 6.
Strandet ein fremdes Schiff an der deutschen Küste, so hat das Strandamt dem für seinen Bezirk
bestellten Konsul des Heimathlandes des Schiffes sofort Nachricht zu geben. Ist für den Bezirk ein Konsul
dieses Lande nicht bestellt, so ist die Mittheilung an den nächsten im Reiche zugelassenen Konsul des Landes
zu richten.
Berlin, den 24. November 1875.
Der Reichskanzler.
In Vertretung:
Delbrück.