424 4. Abthl. Allgemeine Dienstverhältnisse.
VI. Akbschnitt.
Die Beschwerden.
(Dienstverhältnisse der königl. bayer. Armee. Beschwerden. München 1875.
V.-Bl. 69.)
1. Allgemeine Anordnungen.
Offizieren, Unteroffizieren und Gemeinen, sowie den Militärärzten und
Beamten der Militärverwaltung, welche Grund zu einer Klage über Vor-
gesetzte zu haben glauben, ist gestattet, wider diese Vorgesetzten Beschwerde
zu führen. Der Weg, den eine Beschwerde zu gehen hat, heißt der
Beschwerdeweg.
Die Abweichung vom Beschwerdeweg ist strafbar. (§. 152, 2 des
M.-St.-Ges. und §. 27 der Disziplinarstrafordnung.)
Beschwerden haben zum Gegenstande
a) eine von dem zuständigen Militärbefehlshaber oder Verwaltungs-
vorgesetzten verhängte Disziplinarbestrafung,
b) Handlungen der Vorgesetzten, durch welche der Beschwerdeführer
persönlich oder in seinem berechtigten Standesbewußtsein, in
seinen dienstlichen Gerechtsamen und Befugnissen verletzt wird.
(Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Zuständigkeit materieller Kom-
petenzen eignen sich nicht für den Beschwerdeweg. Wenn jedoch ein Vorgesetzter,
dessen Entscheidung der Untergebene anfechten will, diesem die Erlaubniß zum An-
rufen einer höhern Instanz verweigert, so kann diese Weigerung Gegenstand
der Beschwerden werden.)
Als Vorgesetzter ist in Bezug auf Beschwerdeführung anzusehen:
a) Derjenige, welcher in Folge gesetzlicher Vorschriften, reglemen-
tarischer Anordnungen oder allgemeiner militärischer Grundsätze,
resp. bei Offizieren durch Rang oder Patent die Befugniß besitzt,
für den Beschwerdeführer oder dessen Befehlsbereich Befehle oder
Rügen zu ertheilen, oder Anordnungen zu treffen,
b) jeder Offizier, welcher sich verpflichtet fühlt, gegen einen jüngeren
Kameraden dienstlich einzuschreiten. .
Die Beschwerde darf eingeleitet werden nicht früher als am
nächsten Morgen nach Stattfiuden des sie veranlassenden Vorfalls,
keinesfalls vor Beendigung des Dienstes; nicht später als nach drei
Tagen vom nächsten Morgen nach der Veranlassung oder Strafver-
büßung an gerechnet.
Innerhalb dieses Zeitraumes muß der Entschluß zur Beschwerde-
führung gefaßt und zur Kenntniß, der die Entscheidung vermittelnden
oder treffenden Instanz gebracht sein. Möglichst bald aber muß die
vollständige Herbeischaffung des Materials und die etwa erforderliche For-
mulirung der Beschwerdeschrift erfolgen.
Jede Beschwerde muß so schnell entschieden werden, als die für ihre
Beurtheilung unerläßliche Sorgfalt es gestattet. — Die Entscheidung
über die Beschwerde ist unabhängig davon, ob etwa wegen Nichtbeachtung
des vorgeschriebenen Dienstweges gegen den Beschwerdeführer einzuschreiten
i#t sofern wegen der Beschwerde nicht gerichtliche Bestrafung eintreten
muß.