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Wagen dorthin geschafft und desinfizirt werden müssen. Diese Frist darf die Dauer von 48 Stunden —
vom Zeitpunkte der Entladung bis zu dem der Vollendung der Desinfektion — nicht überschreiten.
Für Orte, an welchen mehrere, durch Schienenstränge verbundene Eisenbahnen münden, kann
angeordnet werden, daß die Vornahme der Desinfektion der Wagen, soweit die dazu erforderlichen Einrichtungen
vorhanden sind, in bestimmten Desinfektionsanstalten zu zentralisiren ist. Sind an solchen Orten Ein-
richtungen der bezeichneten Art gar nicht oder nicht in genügendem Maße vorhanden, so ist auf deren Her-
stellung beziehungsweise Vervollständigung thunlichst hinzuwirken.
Die nach den Desinfektionsstationen oder Desinfektionsanstalten überzuführenden Wagen sind, soweit
ihre Einrichtung es gestattet, zur Verhütung einer Uebertragung von Ansteckungsstoffen durch Entfallen von
Geräthschaften, Stroh, Dünger 2c. sorgfältig geschlossen zu halten.
Es ist statthaft, die Reinigung und Desinfektion der zur Beförderung von Vieh in Einzelsendungen
benutzten Gepäckwagen oder Hundekupees nicht auf jeder Zwischenstation, auf welcher einzelne Viehstücke ent-
laden werden, sondern erst auf derjenigen inländischen Station vorzunehmen, auf welcher der betreffende
Wagen zur vollständigen Entleerung und Ausrangirung gelangt. Bei Beförderung von Vieh mit Gepäck-
stücken oder Gütern in einem und demselben Wagenraum sind Vorkehrungen zu treffen, welche die Gefahr
einer Infektion ausschließen.
4. Der eigentlichen Desinfektion der Wagen muß stets die Beseitigung der Streumaterialien, des
Düngers, der Reste von Anbindesträngen u. s. w., sowie eine gründliche Reinigung des Wagens durch heißes
Wasser vorangehen. Wo letzteres nicht in genügender Menge zu beschaffen ist, darf auch unter Druck aus-
strömendes kaltes Wasser verwendet werden; jedoch muß zuvor zum Zweck der Aufweichung der anhaften-
den Unreinigkeiten eine Abspülung mittelst heißen Wassers erfolgen. Die Reinigung ist nur dann als eine
ausreichende anzusehen, wenn durch sie alle von dem stattgehabten Viehtransport herrührenden Verunreini-
gungen vollständig beseitigt sind.
Die Desinfektion selbst muß bewirkt werden:
a) unter gewöhnlichen Verhältnissen durch Waschen der Fußböden, Decken und Wände mit einer
auf mindestens 50 Grad Celsius erhitzten Sodalauge, zu deren Herstellung wenigstens 2 kg
Soda auf 100 1 Wasser verwendet sind;
b) in Fällen einer wirklichen Infektion des Wagens durch Rinderpest, Milzbrand oder Maul-
und Klauenseuche, oder des dringenden Verdachtes einer solchen Infektion durch sorgfältiges
Bepinseln der Fußböden, Decken und Wände mit 5 prozentiger Karbolsäurelösung. Die
letztere ist durch Mischen von 1 Theil der im Handel als 100 prozentige Karbolsäure oder
Acidum carbolicum depuratum bezeichneten Karbolsäure mit 18 Theilen Wasser unter häufigem
Umrühren herzustellen. -
Diese Art der Desinfektion (b) ist in der Regel nur auf Anordnung der zuständigen Polizeibehörde,
ohne solche Anordnung jedoch auch dann vorzunehmen, wenn die Bahnbeamten von Umständen Kenntniß er-
langen, welche es zweifellos machen, daß eine wirkliche Infektion des Wagens durch Rinderpest, Milzbrand
oder Maul= und Klauenseuche vorliegt, oder welche den dringenden Verdacht einer solchen Infektion be-
gründen. Der Landespolizeibehörde bleibt vorbehalten, diese Art der Desinfektion (b) auch in anderen
Fällen anzuordnen, wenn sie solches zur Verhütung der Verschleppung der oben bezeichneten Seuchen für
unerläßlich erachtet.
Bei gepolsterten Wagen ist die Polsterung, welche entfernbar sein muß, in ausreichender Weise zu
reinigen. Hat eine wirkliche Infektion des Wagens durch eine übertragbare Seuche stattgefunden, oder liegt
der dringende Verdacht einer solchen Infektion vor, so muß die Polsterung verbrannt werden. Der Wagen
selbst ist in der zu Absatz 1 bis 3 angegebenen Weise zu behandeln. Ausländische Wagen, deren Polsterung
nicht entfernbar ist, dürfen im Inlande nicht wieder beladen werden.
Die im Absatz 1 angegebene Reinigung gilt, vorbehaltlich der Bestimmungen im Absatz 2 b und
Absatz 3, als ausreichende Desinfektion in denjenigen Fällen, in welchen im Eisenbahnwagen nur einzelne
Stücke Kleinvieh in Kisten oder Käfigen befördert worden sind, sofern zur Zeit des Gebrauchs die betreffen-
den Kisten mit wasserdichten Fußböden, festen Wänden und aus Latten mit den für die Athmung der Thiere
nothwendigen Zwischenräumen hergestellten Deckeln, die Käfige mit wasserdichten Fußböden und von unten
bis mindestens zur ganzen Höhe der Thiere mit festen Wänden versehen waren, und eine Verunreinigung
des Wagens durch Streumaterialien, Futter, Dünger, Exkremente u. s. w. nicht wahrnehmbar ist.
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