Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Sechsunddreißigster Jahrgang. 1908. (36)

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18. Die Tuberkulose. 
Die Tuberkulose ist die verbreitetste Krankheit unter den Rindern, verhältnismäßig häufig 
kommt sie auch bei Schweinen, seltener bei Kälbern, Schafen, Ziegen, Hunden und Pferden vor. Am 
häufigsten werden von ihr die jahraus jahrein im Stalle gehaltenen Rinder, insbesondere Kühe, betroffen. 
Der Krankheitskeim dringt bei älteren Rindern am häufigsten mit der Atmungsluft durch die 
Lungen, bei Schweinen und Jungrindern mit der Nahrung (Milch, Molkereirückstände) in den Körper 
ein. Wo er sich festgesetzt hat, vermehrt er sich und erzeugt zunächst ein kaum hirsekorngroßes, durch- 
scheinendes, graues Knötchen. Dieses trübt sich allmählich in der Mitte und wandelt sich von hier 
aus in eine gelbe, käsige, später kalkige Masse um, welche mit ihrer Umgebung fast unmittelbar zu- 
sammenhängt. So entsteht der einzelne Tuberkel. Derselbe wird durch Bildung neuer Knötchen in 
der Umgebung nach und nach größer und wächst zu Knoten von Erbsen-, Wallnuß-, Faustgröße und 
darüber heran. Schleimhauttuberkel neigen nach vollendeter Verkäsung zum Zerfal, wodurch Ge- 
schwüre entstehen. Aus letzteren können sich, hauptsächlich in den Lungen und in der Leber, unter 
der Einwirkung von Eitererregern ausgedehnte Erweichungsherde bilden. Diese sind gekenn- 
zeichnet durch eine erhebliche Größe, unebene, zerfressene Wände, dünn= oder dickflüssigen Inhalt und 
durch das Fehlen einer Bindegewebskapsel. Die Tuberkel der serösen Häute, besonders am Brustfell 
und Bauchfell, zeigen beim Rinde häufig Neigung, eine starke bindegewebige Umgrenzung zu bilden 
und frühzeitig zu verkalken. Diese besondere Form der Tuberkulose wird als Perlsucht bezeichnet 
und setzt ein mit einer rötlichen Bindegewebswucherung an der Oberfläche des Brust= oder Bauchfells, 
aus der sich später kleine Knötchen und größere, höckerige Knoten oder dicke, derbe Schwarten bilden. 
Auf dem Wege der Lymphbahnen wird stets ein Teil der Krankheitskeime verschleppt, wodurch 
es zu neuer Tuberkelbildung in den Organen und sehr bald auch zur Entstehung von Tuberkeln in 
den zu den betreffenden Körperteilen gehörenden Lymphdrüsen kommt. Die Lymphdrüsen erkranken 
regelmäßig, wenn die Keime der Tuberkulose in ein Organ gelangt sind. Dagegen kann es vorkommen, 
daß in den zu den veränderten Lymphdrüsen gehörenden Organen tuberkulöse Veränderungen schwer 
nachweisbar sind oder ganz fehlen. Deshalb ist die Untersuchung der Lymphdrüsen von größter 
Wichtigkeit für den Nachweis der Tuberkulose an geschlachteten Tieren. 
Die Verbreitung der Krankheit von einem Körperteil auf andere erfolgt auf verschiedene Weise: 
1. durch Verschlucken des ansteckenden Auswurfs; 
2. durch den Lymphstrom; 
3. durch den Blutstrom. 
Durch Verschlucken tuberkulösen Auswurfs können die Lymphdrüsen der Rachenhöhle, der Darm, 
häufiger die Gekrösdrüsen tuberkulös werden. 
Durch den Lymphstrom kann eine Darmtuberkulose auf das Bauchfell und von hier auf das 
Brustfell und auf die Gebärmutter übertragen werden. 
Die Ausbreitung durch den Blutstrom tritt ein, wenn an einer Stelle des Körpers ein Tuberkel 
die Wandung eines Blutgefäßes zerstört und das Blut mit Krankheitskeimen verunreinigt wird, oder 
wenn der Einbruch der letzteren in ein großes Lymphgefäß, welches mit der Blutbahn in unmittel- 
barer Verbindung steht, erfolgt. Enthält das Blut im großen Blutkreislaufe") die Krankheitskeime, 
so können die Krankheitserreger auch in das Muskelfleisch gelangen. Hier siedeln sie sich zwar selten 
an, werden aber häufig in den im Fleische gelegenen Lomphgefäßen und Lymphdrüsen festgehalten 
und erzeugen in diesen tuberkulöse Veränderungen. Man ist berechtigt, auf die erfolgte Ausbreitung 
der Tuberkulose durch den großen Blutkreislauf zu schließen, wenn sich in Eingeweiden, welche nur 
auf dem Wege des großen Blutkreislaufs erkranken können, wie Milz oder Nieren oder in den dazu 
gehörigen Lymphdrüsen, Tuberkel vorfinden. Durch Vermittelung des großen Blutkreislaufs werden 
  
derb 9 Man unterscheidet den großen Blutkreislauf (oder Körperkreislauf), den Lungenblutkreislauf und den Pfort- 
ader lutlauf. 
Im großen Blutkreislaufe fließt das Blut von der linken Herzkammer in den größten Teil des Körpers und 
kehrt von dort in die rechte Vorkammer des Herzens zurück. 
des Der Lungenblutkreislauf vollzieht sich zwischen der rechten Herzkammer, den Lungen und der linken Vorkammer 
es erzens. 
Der Pfortaderblutlauf beginnt mit den aus Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse und Milz heraustretenden Blut- 
gefäßen, welche sich zur Pfortader vereinigen. Diese mündet in die Leber und verteilt sich in derselben. Aus den feinsten 
Gefäßen der Pfortader wird das Blut wieder gesammelt und aus der Leber dem großen Bluttreislaufe zugeführt.
	        
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