Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Sechsunddreißigster Jahrgang. 1908. (36)

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C. Schlußbestimmungen. 
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JnFällen,indenendasinden§§6bis15vorgeschriebeneUntersuchungs-Verfahrenfürdie 
gesundheitliche und veterinärpolizeiliche Beurteilung des Fleisches nicht ausreicht, ist eine mikroskopische, 
erforderlichenfalls auch eine bakteriologischel) Untersuchung vorzunehmen und die Reaktion des frischen 
Muskelfleisches festzustellen.) Dies gilt namentlich für den Fall des Verdachts von Blutvergiftung. 
Beim Vorliegen des Verdachts verbotswidriger Einfuhr von zubereitetem Einhuferfleisch (6 2 
Abs. 1 Nr. 4) ist die biologische Untersuchung auszuführen 3). Sofern diese Untersuchung, z. B. bei 
1) Nachdem die Oberfläche mit fast zum Glühen erhitzten Messern abgesengt ist, wird mit einem frisch aus- 
geglühten Messer ein Schnitt in die Tiefe geführt und mit sterilem Messer und ausgeglühter Pinzette aus der Tiefe der 
Muskulatur eine Probe entnommen. Diese dient 1. zur Anfertigung von Ausstrichpräparaten, 2. zur Anlegung von 
Kulturen auf schräg erstarrtem Agar. 
:) Die Reaktion des frischen Muskelfleisches ist in der Weise zu prüfen, daß in die Hinterschenkelmuskulatur und 
an zwei weiteren möglichst voneinander entfernt liegenden Körpergegenden ein tiefer Schnitt gelegt und auf die Schnitt- 
fläche mit einem Messer mit destilliertem Wasser schwach angefeuchtetes Lackmuspapier angedrückt wird. Nach 10 Minuten 
wird das Papier vom Objekt abgehoben, auf eine weiße Unterlage gelegt und mit einer anderen, ebenfalls angefeuchteten 
Probe des ursprünglichen Lackmuspapiers verglichen. 
:) Zur Ausführung der biologischen Untersuchung auf Pferdefleisch und anderes Einhuferfleisch 
sind mit einem ausgeglühten oder ausgekochten Messer aus der Tiefe des verdächtigen Fleischstücks etwa 30 g Musskelfleisch, 
möglichst ohne Fettgewebe, von einer frisch hergestellten Schnittflüche zu entnehmen und auf einer ausgekochten, mit 
ungebrauchtem Schreibpapier bedeckten Unterlage durch Schaben mit einem ausgekochten Messer zu zerkleinern. Die 
zerkleinerte Fleischmasse wird in ein ausgekochtes oder sonst durch Hitze sterilisiertes, etwa 100 cem fassendes Erlen- 
meyersches Kölbchen gebracht, mit Hilfe eines ausgekochten sterilisierten Glasstabs gleichmäßig verteilt und mit 50 cem 
sterilisierter Ossprozentiger Kochsalzlösung übergossen. Gesalzenes Fleisch ist zuvor in einem größeren sterilisierten Erlen- 
meyerschen Kolben zu entsalzen, indem man es mit sterilem destillierten Wasser übergießt und letzteres, ohne zu schütteln, 
während 10 Minuten mehrmals erneuert. Das Gemisch von Fleisch und 0,65 prozentiger Kochsalzlösung bleibt zur Aus- 
ziehung der im Fleische vorhandenen Eiweißsubstanzen etwa 3 Stunden bei Zimmertemperatur oder über Nacht im Eis- 
schranke stehen und darf, um eine klare Lösung zu erhalten, nicht geschüttelt werden. Zur Feststellung, ob die für die 
Untersuchung nötige Menge Eiweiß in Lösung gegangen ist, sind etwa 2 cem der Ausziehungsflüssigkeit in ein sterilisiertes 
Reagenzglas zu gießen und tüchtig durchzuschütteln. Entwickelt sich dabei ein feinblasiger Schaum, der längere Zeit 
stehen bleibt, so ist der Auszug verwendbar. Die zu untersuchende Eiweißlösung muß für die Ausführung der biologischen 
Untersuchung wie alle übrigen zur Verwendung kommenden Flüssigkeiten vollständig klar sein. Zu diesem Zwecke 
muß der Fleischauszug filtriert werden, und zwar entweder durch gehärtete Papierfilter, oder, wenn hierbei ein klares 
Filtrat nicht erzielt wird, durch ausgeglühten Kieselgur auf Büchnerschen Trichtern oder auch durch Berkefeldsche Kieselgur- 
kerzen. Das Filtrat ist für die weitere Prüfung geeignet, wenn es wie der unfiltrierte Auszug beim Schütteln schäumt 
und außerdem eine Probe (etwa 1 cem) beim Kochen nach Zusatz eines Tropfens Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 
1/153 eine opalisierende Eiweißtrübung gibt, die sich nach etwa fünf Minuten langem Stehen als eben noch erkennbarer 
flockiger Niederschlag zu Boden senkt. Dann besitzt das Filtrat die für die biologische Prüfung zweckmäßigste Konzentration 
des Eiweißes in der Ausziehungsflüssigkeit (etwa 1: 300). Ist das Filtrat zu konzentriert, so muß es so lange mit sterili- 
sierter Kochsalzlösung verdünnt werden, bis die Salpetersäure-Kochprobe den richtigen Grad der Verdünnung anzeigt. 
Ferner soll das Filtrat neutral, schwach sauer oder schwach alkalisch reagieren. 
Von der filtrierten, neutralen, schwach sauren oder schwach alkalischen, völlig klaren Lösung wird mit 
ausgekochter oder anderweitig durch Hitze sterilisserter Pipette je 1 cem in 2 Reagenzröhrchen von je 11 cm Länge und 
O,s cm Durchmesser (Röhrchen 1 und 2) gebracht. In ein Röhrchen 3 wird 1 cem eines ebenfalls klaren, neutral, 
schwach sauer oder schwach alkalisch reagierenden, aus Pferdefleisch in gleicher Weise hergestellten Filtrats ein- 
gefüllt. Weitere Röhrchen 4 und 5 werden mit je 1 cem einer ebenso hergestellten Schweine= und Rindfleischlösung beschickt. 
In ein Röhrchen 6 wird 1 com sterilisierter O,ssprozentiger Kochsalzlösung gegossen. Die Röhrchen werden in ein kleines, 
passendes Reagenzglasgestell eingehängt. Sie müssen vor dem Gebrauch ausgekocht oder anderweitig durch Hitze sterilisiert 
und vollkommen sauber sein. Zum Einfüllen der verschiedenen Lösungen in die einzelnen Röhrchen sind je besondere 
sterilisierte Pipetten zu benutzen. Zu den, wie angegeben, beschickten Röhrchen wird, mit Ausnahme von Röhrchen 2), je 
O cem vollständig klares, von Kaninchen gewonnenes, Pferdeeiweiß ausfällendes Serum von bestimmtem Titer so zu- 
gesetzt, daß es an der Wand des Röhrchens herabfließt und sich auf seinem Boden ansammelt. Zu Röhrchen 2 wird 
O cem normales, ebenfalls völlig klares Kaninchen-Serum in gleicher Weise gegeben. · 
Die Röhrchen sind bei Zimmertemperatur aufzubewahren und dürfen nach dem Serum-Zusatze nicht ge- 
schüttelt werden. 
Beurteilung der Ergebnisse. Tritt in Röhrchen 1 ebenso wie in Röhrchen 3 nach etwa fünf Minuten eine 
hauchartige, in der Regel am Boden des Röhrchens beginnende Trübung auf, die sich innerhalb weiterer fünf Minuten in 
eine wolkige umwandelt und nach spätestens 30 Minuten als Bodensatz absetzt, während die Lösungen in den übrigen 
Röhrchen völlig klar bleiben, so handelt es sich um Pferdefleisch (oder anderes Einhuferfleisch). Später entstehende Trübungen 
dürfen als positive Reaktion nicht aufgefaßt werden. Zur besseren Feststellung der zuerst eintretenden Trübung können die 
Röhrchen bei auffallendem Tages= oder künstlichem Licht betrachtet werden, indem hinter das belichtete Reagenzglas eine 
schwarze Fläche (z. B. schwarzes Papier oder dergleichen) geschoben wird. · , 
DasausfällendeSerummußeinenTiter1:20000habcn,d.h.esmußnochinderVerdünnung1:209001·u 
einer Lösung von Pferdeblut-Serum binnen 5 Minuten eine beginnende Trübung herbeiführen. Derartiges Serum ist bis 
  
 
	        
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