VI. Kredit. $ 19. 359
2. Die Kreditgenossenschaften, namentlich die Vorschuß-
und Kreditvereine nach Schulze-Delitzschem Muster für den Hand-
werker- und kleinen Handelsstand und die Raiffeisenschen Darlehns-
kassen für kleinere Landwirte berechnet. Sie sind privatrechtliche
Korporationen, die einer besonderen Einwirkung der Verwaltungs-
behörden nicht unterliegen.
8. Die staatlichen und kommunalen Anstalten. Sie
bilden einen Gegenstand der Staats-- und Kommunalverwaltung,
stehen aber, soweit ihnen nicht besondere Privilegien eingeräumt sind,
hinsichtlich ihres Geschäftsbetriebes unter den allgemeinen Vorschriften
des Privatrechtes. Anstalten der betreffenden Art sind:
a) die Pfandleihanstalten oder Leihhäuser, die nur
gegen Faustpfand ausleihen. Sie sind, da sich ihre Wirksamkeit
naturgemäß auf einen einzelnen Ort und dessen nächste Umgebung
beschränkt, in der Regel städtische Anstalten. In diesem Falle unter-
liegen sie einer Genehmigung und Aufsicht durch die Staataregierung,
doch kommen sie auch als Anstalten der größeren Kommunal-
verbände® und als staatliche Anstalten * vor.
b) Leihanstalten, welche für größere Bezirke bestimmt
sind und teils gegen Faustpfand, teils auch gegen hypothekarische
Sicherheit oder gegen bloß persönliche Verpflichtung (Wechsel, Bürgen)
Darlehen gewähren.
c) Darlehnskassen, die bei außerordentlichen Not-
ständen (Kriegszeiten, Mißernten) zur Beseitigung momentaner
Kreditverlegenheiten vorübergehend errichtet sind®.
. „Sparkassen? sind Anstalten zur Ansammlung von Kapitalien
in kleinen Beträgen. Im Gegensatz zu den Leihanstalten ist bei den
Sparkassen die Annahme von Kapitalien der Zweck der Institute,
ihre Ausleihung nur Mittel zur Erreichung dieses Zweckes,
Die Sparkassen sind größtenteils von Gemeinden, seltener von
‚ereinen errichtet; beide Arten bedürfen einer Bestätigung durch
die Staatsregierung und sind einer staatlichen Aufsicht unterworfen ®.
3 z. B. das Leihhaus in Kassel, das dem Kommunalständischen Verbande
des Regierungsbezirks Kassel gehört. (G. vom 10. April 1872
* z. B. das königliche Leihamt in Berlin.
5 Anstalten dieser Art sind die Provinzialhilfskassen in Preußen. Vgl.G.
vom 8. Juli 1875 $ 8 u. 9), das Pfand- und Leihhaus zu Fulda und die Leih-
b zu Hanau (G. vom 10. April 1872), die Spar- und Leihkasse für die Hohen-
zollernschen Lande (Stat. vom 17. März 1854, G. vom 16. Jan. 1875), die Kreis-
ilfskassen in Bayern, die Kommunalkassen in Württemberg. '
€ Preuß. G. vom 15. April 1848, V. vom 18. Mai 1866. G.G. vom 27. Sept.
1866, 23. Dez. 1867, 1. Febr. 1871. Nord. B.G. vom 21. Juli 1870.
„ ,' Koch, Art. Sparkassen R.L. 8, 712; Loening H.P.Oe.* 8, II. 446;
a Art. Sparkassen V.R.W. 2, 468; |Seidel, Art. Sparkassen H.W.B.3
® Preuß. Regl., Einrichtungen des Sparkassenwesens betr., vom 12. Dez.
1838. Cab.-Ordre vom 26. Juli 1841. Zust.G. vom 1. Au. 1888 gs 52, 58.
Bayr. Pol.Str.G.B. $ 140. Bad. G., die Rechtsverhältnisse der mit Gemeinde-
bürgschaft versehenen Sparkassen betr., vom 9. April 1880. — Auch einzelne
Privatpersonen können Sparkassen errichten; diese haben den Charakter ge-
werblicher Unternehmungen und unterliegen lediglich den Vorschriften der
ewerbe-Ordnung. (Vgl. Erk. des Kammergerichts. Reger 7, 1