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g. 20.
Die zuständigen staatlichen Aufsichtsbehörden der Kommunalverbände und
in höherer Instanz der Minister des Innern haben die Oberaufsicht über die zur
Unterbringung von Zöglingen getroffenen Veranstaltungen zu führen; sie sind
befugt, zu diesem Zwecke Revisionen vorzunehmen.
. 21.
Wer, abgeseben von den Fällen der §§. 120, 235 des Strafgesehhbuchs,
einen Minderjährigen, bezüglich dessen das gerichtliche Verfahren auf Unter-
bringung zur Fürsorgeerziehung eingeleitet oder die Unterbringung zur Fürsorge-
erziehung angeordnet ist, dem Verfahren oder der angeordneten Fürsorgeerziehung
entzieht, oder ihn verleitet, sich dem Verfahren oder der Fürsorgeerziehung zu
entziehen, oder wer ihm hierzu vorsätzlich behülflich ist, wird mit Gefängniß bis
zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit einer
dieser Strafen bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
g. 22.
Der Minister des Innern ist mit der Ausführung dieses Gesetzes be-
auftragt.
K. 23.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1901 in Krast.
Mit dem gleichen Jeitpunkte wird das Gesetz vom 13. März 1878, be-
treffend die Unterbringung verwahrloster Kinder, aufgehoben.
Kommunalverbände, welche zur Zeit des Inkrasttretens dieses Gesetzes
über geeignete Anstalten nicht in ausreichendem Maße verfügen, sollen bis zum
1. April 1903 bei der Unterbringung der Zöglinge den im F. 10 Abs. 1 dieses
Gesetzes ausgesprochenen Beschränkungen nicht unterliegen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem
Königlichen Insiegel.
Gegeben Wilhelmshaven, den 2. Juli 1900.
G. 8.) Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe. v. Miquel. v. Thielen. Fhr. v. Hammerstein.
Schönstedt. Brefeld. v. Goßler. Gr. v. Posadowsky. Gr. v. Bülow.
Studt. Frhr. v. Rheinbaben.