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Gesetz- und Verordnungsblatt
für das Königreich Sachsen.
11. Stück vom Jahre 1915.
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Jnhalt: Nr. 36. Allerhöchster Erlaß. S. 175. — Nr. 37. Verordnung zur Ausführung
des Allerhöchsten Gnadenerlasses. S. 176. — Nr. 38. Bekanntmachung, die Bildung
katholischer Minderheitskirchgemeinden in Kamenz, Löbau, Zittau und Neuleutersdorf betr.
S. 178. — Nr. 39. Bekanntmachung, die Versammlung der Stände des Königreichs
Sachsen zu einem außerordentlichen Landtage betr. S. 179.
Nr. 36. Allerhöchster Erlaß
vom 25. Mai 1915.
W. Friedrich August, von GOTTES Gnaden König
von Sachsen usw. usw. usw.
haben Uns entschlossen, zu Gunsten der Teilnehmer an dem gegenwärtigen Kriege
in weitgehendem Umfange die gnadenweise Niederschlagung der gegen sie an—
hängigen oder anhängig werdenden Strafverfahren einschließlich der gerichtlich ein-
geleiteten zu bewilligen, soweit solche vor dem 25. Mai 1915 und vor der Einberufung
zu den Fahnen begangene Ubertretungen oder Vergehen mit Ausnahme derjenigen
des Verrats militärischer Geheimnisse zum Gegenstande haben. Es ist Unser Wille,
daß diese Strafverfahren niedergeschlagen werden, dafern nicht, wie namentlich bei
Zuwiderhandlungen gegen aus Anlaß des Kriegs verfügte Maßnahmen, das öffent-
liche Interesse die Durchführung der Strafverfolgung zwingend erfordert. In be-
sonders liegenden Fällen soll die Niederschlagung auch bei Verbrechen verfügt
werden.
Ausgeschlossen von der Begnadigung sind Beschuldigte, die wegen begangener
Straftaten durch ein Militärgericht rechtskräftig zur Entfernung aus dem Heere
oder der Marine oder zur Dienstentlassung verurteilt sind oder sonst mit Rücksicht
auf eine Straftat die Eigenschaft eines Kriegsteilnehmers verloren haben.
Ausgegeben zu Dresden, den 29. Mai 1915. 29