Full text: Der neue Kurs.

Frühjahr 1898 das erste vertrauliche Bündnisangebot des Kolonial- 
ministers Chamberlain. Der Vertrag über die portugiesischen Be- 
sitzungen war die Folge davon, daß die deutsche Regierung einen 
Allianzvertrag, der das Verhältnis zu Rußland stören könnte, nicht 
schließen wollte und zunächst anregte, sich über Einzelfragen zu 
verständigen. Auf jenen Vertrag folgte dann 1899 der Samoa- 
vertrag und 1900 das deutsch-englische Yangtseabkommen. 
Im Januar 1901 kam Chamberlain auf seinen Allianzge- 
danken zurück, den Ubergang dazu sollte ein geheimes Abkommen 
über Marokko bilden. Bereits damals sprach es Chamberlain klar 
aus, daß England, wenn sich der formelle Anschluß an Deutschland 
und den Dreibund als unmöglich erwiese, ein Zusammengehen mit 
dem Zweibund, selbst unter schweren Opfern, ins Auge fassen müßte. 
Bei der Anwesenheit des Kaisers in England nach dem Tode der 
Königin Viktoria wurde die Frage eines Defensiobündnisses, das 
bei Doppelangriff wirksam sein sollte, in Unterredungen mit dem 
Premierminister Lord Salisbury und dem Minister des Auswärtigen 
Lord Lansdowne erörtert, und daran schlossen sich weitere Be- 
sprechungen zwischen Lansdowne und dem Botschafter Grafen Hatz- 
feld, ferner des Botschafters Lascelles im Auswärtigen Amt in 
Berlin, endlich auch zwischen dem Kaiser und dem König Eduard 
in Wilhelmshöhe (August 1901). Im Sommer 1901 wurde noch 
einmal ein gemeinsames Vorgehen in Marokko, wo neue Unruhen 
ausgebrochen waren, von London aus angeregt, in Berlin aber nur 
als ein Versuch, Deutschland gegen Frankreich vorzuschieben, an- 
gesehen. Erst zu Weihnachten 1901 schliefen die Verhandlungen 
ganz ein. Der Vorschlag Chamberlains hatte also dasselbe Schick- 
sal wie die Anregung des Fürsten Bismarck in seinem im dritten 
Abschnitt erwähnten Briefe an Lord Salisbury vom Jahre 1887. 
Beide Schritte galten einem engen Einvernehmen zwischen der Welt- 
macht England und der stärksten Festlandsmacht Deutschland, beide 
führten zu nichts. Im Jahre 1887 zeigte England keine Gegenliebe, 
um die Jahrhundertwende war die Abneigung auf deutscher Seitet). 
1|) Die ersten näheren Mitteilungen über diese Episode waren in einem 
Artikel von Theodor Wolff: „Die deutsch-englische Allianz, neue Beiträge 
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