Ansprache an die Märker vom 26. Februar 1897 gemeint, in der
die Ratgeber Kaiser Wilhelms I. als Werkzeuge seines erhabenen
Wollens, nach einer anderen Lesart als Handlanger, bezeichnet
waren. Der Staatssekretär v. Bötticher schwieg, weil er fürch-
tete, mit einer Entgegnung den Widerhall der Richterschen Rede
zu verstärken und stürmische Szenen im Reichstag hervorzurufen.
Außerdem war er längst schon unter den fortgesetzten Friedrichsruher
Angriffen amtsmüde geworden.
Mit dem von der Rechten und allen streitbaren Anhängern
des Fürsten Bismarck laut begrüßten Ausschiffen Marschalls und
Böttichers — der Reformminister Frhr. v. Berlepsch hatte das
Handelsministerium schon im zweiten Jahre nach Caprivis Sturz
abgegeben — waren die letzten alten Steuerleute des neuen Kurses
von 1800 beseitigt und dieser selbst zu Ende. Mit den neuen
Staatssekretären B. v. Bülow für das Auswärtige, Graf Posa-
domsky für das Innere, Admiral Tirpitz für die Marine begann
eine neue, für die Landwirtschaft günstige und für die auswärtige
Politik schwierigere Periode. Aber das Schiff blieb vor dem Schei-
tern an der Klippe des Staatsstreichs bewahrt.
Wäre in der sozialen Frage die Wendung zu dem blutigen
Kataklysmus eingetreten, den Fürst Bismarck bald nach seiner Ver-
abschiedung in naher Zukunft kommen sah, so hätten uns die äußeren
Feinde in Europa nicht einzukreisen brauchen, um uns wieder klein
und schwach zu machen. Wir wären es schon so gewesen. Das
Schwert kann Menschen töten, aber nicht das moralische Gewissen.
Ein solches hatten aber die Führer der sozialdemokratischen Mas-
sen und der gewerkschaftlichen Organisationen, und der nationale
und staatliche Sinn war im Arbeitervolk noch nicht erstorben).
Unter den „Jungen“ der christlich-sozialen Partei war einer,
der mit großer Beredsamkeit und warmem Verständnis für das, was
in den Gemütern der Arbeiter vorging, den optimistischen Glauben
an einen Ausgleich zwischen Kaisertum und Demokratie vertrat,
der Pfarrer Friedrich Naumann in Frankfurt a. M. Aus ihm
1) Vgl. Wolfgang Heine: „Die Sozialdemokratie im neuen Deutsch-
land“, Süddeutsche Monatshefte, März 1915.
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