Full text: Um den Kaiser.

des Kaisers, Fürst Fürstenberg, wurde nach Wien geschickt, um einer 
Verstimmung in der Hofburg und am Ballplatz vorzubeugen. Bisher 
hatten wir in Wien gesagt, wir schlössen uns dem an, was man 
dort für gut hielte. Jetzt schrieben wir in Wien unseren Stand- 
punkt vor. 
In Sizilien ließ der Kaiser zu einem ihm vom Fürsten Fürsten- 
berg vorgestellten Pariser Rothschild seinen Grimm gegen die „Japs“ 
aus und beauftragte den Fremdling, in Paris zu sagen, daß es bald 
Zeit wäre, die militärischen Aktionen Frankreichs in Marokko mit 
der Algecirasakte in Ubereinstimmung zu bringen. Es war so, als 
ob der Kaiser die sauere Arbeit mit den Parlamenten dem Kanzler 
überlassen und den diplomatischen Betrieb allein im Gang erhalten 
wollte. Fürst Eulenburg lag am Boden. Aber die von ihm geübte 
Schmeichlerkunst vom inneren Kanzler und der Allerhöchsien Leirung 
des Auswärtigen schien praktische Gestalt anzunehmen. Achilleus- 
statue, goldig-prunkhaft für Korfu, Fürstenparade in Wien, Mum- 
menschanz auf der Hohkönigsburg, sog. Festspiele in Wiesbaden mit 
banaler Kunst, Jagdaufenthalt in Ostpreußen, später Regatten, 
Nordlandfahrt, und im Herbst, wenn möglich, Erhöhung der Zivil- 
liste! Als Kanzler hätte ich mir keinen besseren Abgang denken 
können, als im Widerstande gegen solche nach innen aufreizende, 
nach außen Hoffnungen und Schadenfreude erregende Herrscher- 
methoden. 
Anfang November lgos sollte der Reichstag seine Arbeiten 
wieder aufnehmen. Eine ungewöhnlich schwere und langwierige 
Aufgabe war zu lösen. Nicht weniger als acht Gesehzentwürfe, 
die insgesamt 475 Millionen Mark jährlich dem Reichssäckel zu- 
führen sollten, lagen bereit. Steuern auf Branntwein, Bier, Wein, 
Tabak, Elektrizität, Inserate, Erbschaften (mit Einschluß des Kindes- 
uno Gattenerbes). Die letzte dieser Steuern war die gefährlichste 
für den Zusammenhalt des Blocks. Von Debatten über Auswär- 
tiges hatte der Kanzler nichts zu fürchten, wenn nicht etwa Ahrenthals 
Schlag, Bosnien und die Herzegowina dem Donaureiche einzuver- 
leiben, eine scharfe internationale Krisis hervorrufen würde. 
5 Hammann, Um den Kalser 65
	        
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